Kommentar: Im Unglück
■ Die SPD muß mit ihren Krisen leben
Ein Unglück kommt selten allein. Fast könnte man die Bremer SPD bedauern, die mit Rücksicht auf den bevorstehenden Wahlkampf gleich zwei Krisen gleichzeitig bewältigen muß.
„Bewältigen“ ist allerdings das falsche Wort. Daß Gerhard Schröder ein guter Parteivorsitzender ist, glaubt niemand in der Bremer SPD. Während die Jusos den Eindruck erwecken, es könnte über die Frage debattiert werden, ob es Alternativen gibt in der jetzigen Lage, ist die Frage aber längst entschieden. Die Bremer Genossen werden brav zu den Sitzungen nach Bonn fahren und alles abnicken – was bleibt ihnen auch übrig.
Das Bremer Problem ist in den Parteiversammlungen dieser Tage auch nicht zu „bewältigen“. Ihr Spitzenmann hat sich in einer Weise gewandelt, wie ihm das nur seine schärfsten Kritiker zugetraut haben. Und Scherf läßt sich auch nicht durch Vorstandsbeschlüsse „einfangen“, das hat er zur Genüge bewiesen. Selbst wenn ein neues „Stillhalte-Abkommen“ herauskommt aus dem Streit um die Koalitionsfrage – das letzte hielt kaum eine Woche.
Am Wahlabend wird Scherfs Erfolg den Ausschlag dafür geben, ob er ein Machtwort sprechen kann. Nur wenn die SPD mäßig abschneidet, kann die Partei nach dem 6. Juni mitreden. Aus diesem Dilemma der Wahlkämpfer gibt es keinen Ausweg.
Klaus Wolschner
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