Kommentar: Unzulässige Vermischung
■ BGS soll Polizeiaufgaben übernehmen
Forderungen sind noch kein Konzept. Für ein Hauptstadt-Sicherheitskonzept hätte Innensenator Eckhart Werthebach deutlich aufzeigen müssen, wie sich die Polizei bei Demonstrationen oder Besetzungen, beim Schutz von Gebäuden und Personen künftig verhalten soll. Er entwickelt aber keine Strategien, sondern begrenzt sich fast ausschließlich auf Forderungen nach mehr Personal und weniger Kosten. Wie wollen es der Innensenator und Berlins Polizeipräsident Hagen Saberschinsky künftig mit Deeskalation halten? Sollen Polizei und Bundesgrenzschutz schnell den Knüppel schwingen oder eher „reden, reden, reden“, wie es Bonns Polizeipräsident Dierk Henning-Schnitzler als typische Strategie der Bonner Polizei bei prekären Einsätzen beschreibt.
Weil der Hardliner Werthebach kein Konzept hat, soll es nun offenbar der Bundesgrenzschutz richten. Und neben den Schlüsselministerien auch alle anderen Ministerien in der Hauptstadt sichern. Das, was die Bonner Polizei jahrelang ohne großes Aufheben täglich praktiziert hat, traut Werthebach seinen eigenen Leuten offenbar nicht zu. Statt dessen ruft er lieber nach der starken „Bundespolizei“.
Wenn der Bundesgrenzschutz, der nicht so sehr wie die Polizei auf Dialog mit dem Bürger ausgerichtet ist, künftig tatsächlich nur als Objektschutz hinter den Zäunen patrouillieren würde und Gebäude bewacht, wäre dagegen noch wenig zu sagen. Doch Werthebach will den Bundesgrenzschutz auch in das mobile Objektschutzkonzept der Berliner Polizei einbinden. Konkret bedeutet das: Braut sich in der Stadt etwas zusammen, sind auch immer gleich die Bundesgrenzschützer zur Stelle. Doch zu ihren Aufgaben gehört das nicht: Der Bundesgrenzschutz soll die Länderpolizei nur bei „besonderen politischen“ Anlässen unterstützen. Wenn Werthebach sich damit durchsetzt, werden die Aufgaben von Polizei und Bundesgrenzschutz unzulässig vermischt.
Ein ausgereiftes Sicherheitskonzept fehlt folglich immer noch. Aber schon am Mittwoch wird die Polizei ihre Feuertaufe in Sachen Hauptstadt bestehen müssen: An dem Tag beginnt der Prozeß gegen den PKK-Führer Öcalan, und die EU-Innenminister treffen sich in Berlin. Annette Rollmann
Bericht Seite 21
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