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KommentarKeine Richtungsentscheidung

■ Künast verkörpert das grüne Profil

Eine Richtungsentscheidung war die Wahl der grünen Spitzenkandidatin nicht – auch wenn dieser Eindruck auf den ersten Blick entstehen könnte. Schließlich standen sich mit Renate Künast und Michaele Schreyer eine pragmische Linke und eine ausgewiesene Reala gegenüber. Die Wahl der Mitgliederversammlung war vielmehr eine Frage des Profils.

Renate Künast verkörpert mit ihren politischen Schwerpunkten trefflich die grüne Identität: Liberalität in der Inneren Sicherheit, Bürgerrechte für Migranten, Lesben und Schwule, ein friedliches Zusammenleben in einer weltoffenen Stadt. Dagegen kam Schreyer mit ihren Themen Finanz- und Wirtschaftspolitik nur schwer an. Die grünen Mitglieder haben mit Künast eine Spitzenkandidatin gewählt, von der sie glauben, daß sie die Partei gut repräsentieren kann.

Nicht zuletzt war es eine Sympathiewahl, bei der auch das unterschiedliche Temperament der beiden Fraktionschefinnen eine Rolle spielte. Künast vermag es eher, zu polarisieren und zu mobilisieren. Sie ist schlagfertig, angriffslustig und wird den Wahlkampf mit Sicherheit beträchtlich beleben.

Aber auch strategisch hat die grüne Basis eine kluge Wahl getroffen. Wenn es überhaupt für Rot-Grün reicht, so wird es ein knappes Ergebnis werden. Es gilt also, das Wählerpotential von SPD und Grünen optimal auszuschöpfen. Schreyer spricht auch bürgerliche SPD-Wechselwähler an, was für Rot-Grün zu einem Nullsummenspiel gerät. Künast hingegen deckt nicht nur die Mitte, sondern auch den linken Flügel ab. Die Grünen sprechen mit ihr also ein breiteres Wählerspektrum an.

Allerdings sollte man die Rolle der Spitzenkandidatin auch nicht überbewerten. In Stadtstaaten gibt die SpitzenkandidatIn nur bei einem kleinen Prozentsatz der WählerInnen den Ausschlag. Das gilt erst recht für die Grünen: Ihre AnhängerInnen geben der Partei vor allem wegen des Programms ihre Stimme. Wenn dies auch durch Personen überzeugend repräsentiert wird ist, ist dies um so besser. Mit Michaele Schreyer (Finanzpolitik), Sibyll Klotz (Arbeitsmarktpolitik) und Wolfgang Wieland (Innenpolitik) und vielen anderen FachpolitikerInnen haben die Grünen ohnehin mehr als nur einen Trumpf. Dorothee Winden

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