Kommentar: In der Klischeekiste
■ Warum die Studie zur Jugendgewalt anstrengende Folgen haben sollte
Und mitten rein in die Klischeekiste. Der gemeine jugendliche Gewalttäter ist Ausländer, kommt aus einer armen Familie und hatte eine schwere Kindheit – genauso hat man ihn sich doch vorgestellt, den Messerstecher, Jackenabzieher und Taschengelderpresser. Wenn die KriminologInnen um Christian Pfeiffer statt einer repräsentativen Studie eine Meinungsumfrage unter Hamburgs deutschen BürgerInnen durchgeführt hätte, sähen die Ergebnisse vermutlich ähnlich aus.
Das mehrt das Risiko, daß die repräsentativen und gründlich erhobenen Daten mißbraucht werden. Zu gut passen die Erkenntnisse in die Gedankenwelt derer, die „die Ausländer“ für ständige Gesellschaftsschädlinge halten, und die Jugendgewalt behandeln wie einen Pickel, den es auszudrücken gilt.
Wer jedoch nur Repressalien für die prügelnden AusländerInnen fordert, verstärkt noch ihre Ausgrenzung und beschwört neue Gewalt herauf. An Hamburgs PolitikerInnen ist es deshalb, Fingerspitzengefühl zu zeigen und die richtigen Schlüsse aus der Studie zu ziehen.
Immerhin hat sie gezeigt, was in der Kriminalstatistik der Polizei stets verborgen bleibt: Daß es Gründe und Auslöser gibt für Gewalt unter Jugendlichen, die sich nicht mit „erzieherischen Maßnahmen“ beseitigen lassen.
Es gilt, nicht nur die Jugendlichen, sondern die ganzen Familien zu integrieren und ihnen das Leben in Hamburg zugänglicher zu machen. Das ist, zugegeben, anstrengender, als sie zu bestrafen.
Aber es ist die einzig richtige Konsequenz aus der Studie.
Judith Weber
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