Kommentar: Amerikanische Sitten
■ Gürtel mit Kellogg enger schnallen
Die Chance für die Deutsche Angestellengewerkschaft ist verlockend. Sie könnte jetzt auf einen Schlag jede Menge Mitglieder dazu gewinnen. Denn anders als die NGG, die im niedersächsischen Umland einen miesen Flächentarifvertrag abgeschlossen hat, ist die DAG aus dem Kellogg-Schlamassel vorerst fein raus. Für ihre Mitglieder nämlich gilt der Haustarifvertrag bei Kellogg noch. Ein kleiner Gewerkschaftswechsel, der beim einzelnen Mitglied in der Beitragssumme kaum zu Buche schlagen würde – und schon wären vorerst 16.000 bedrohte Mark Lohn im Jahr gesichert. So könnten Arbeitnehmer rechnen. Warum sollen schließlich nur die Arbeitgeber ihre Interessenvertretungen wechseln wie sie wollen?
Der Gedanke mag verlocken – doch er löst kein Problem. Unternehmen wie Kellogg stehen unter Druck. Die amerikanischen Konzernspitzen haben – nicht nur beim Cornflakes Produzenten – für 29 Urlaubstage und volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wenig Sinn. Der Wettbewerb läuft weltweit. Das nächste Kellogg-Werk in Spanien produziert dieselben Flocken schon billiger. Umso wichtiger ist es, daß die Gewerkschaften DAG und NGG nicht schon einknicken, wenn es um den Lohnvergleich zu Niedersachsen geht. Umso gespannter darf man auf die Gerichtsentscheidung heute sein. Und umso deutlicher zeigt sich, wie dringend Gewerkschaften ihre Vertretungen europaweit voranbringen müssen. Eva Rhode
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