Kommentar: Keine Spielräume
■ Warum die Freilassung von Justin J. kein Erfolg der Hamburger Politik ist
Die Freilassung von Justin J. als großen Erfolg zu verbuchen, wäre kurzsichtig. Für ihn persönlich ist es das, zweifellos. Statt im Flieger nach Südafrika befindet er sich in Hamburg in Freiheit.
Doch zum einen ist nicht klar, wie lange noch – die Gewissheit, dauerhaft bei seiner Familie zu leben, hat er nicht. Zum anderen hat die Ausländerbehörde deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihn und auch weitere Flüchtlinge mit einer derartigen Problematik auf Biegen und Brechen außer Landes bringen will. Rot-grüne Koalitionsvereinbarung hin oder her.
Deshalb muß auch die GAL weg vom Kampf um Einzelfälle. Bisher verfolgt der kleine Regierungspartner die Strategie, zähneknirschend einer grundlegend rigorosen Linie zuzustimmen, um im Einzelfall ein kleines Mitspracherecht zugebilligt zu bekommen. Doch die Ausländerbehörde prescht vorweg, die Regierenden hinken hinterher. So wird dann schon als beachtlicher Erfolg ausgegeben, wenn jemand – erstmal – nicht abgeschoben wird, der das nicht überleben würde.
Die rot-grünen Koalitionspartner müssen erneut an den Verhandlungstisch. Denn die Ausländerbehörde legt die Koalitionsvereinbarung von Anfang Juli so restriktiv wie irgend möglich aus. Deshalb muß diese nachgebessert werden – auf der Grundlage der Erfahrungen der vergangenen Wochen.
Weg mit allen auslegungsfähigen Spielräumen, raus mit Formulierungen wie „es soll...“ und „grundsätzlich...“. Denn dieses Amt tut nicht, was es soll, sondern was es will. Wenn man es läßt. Elke Spanner
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