■ Kommentar: Neue Chancen Die Prozesse gegen Safwan Eid und Monika Weimar
„Freispruch ist Freispruch!“, betonen VerteidigerInnen gerne. Ob die Unschuld erwiesen ist oder ob es nur an Beweisen mangelte, das mache im Ergebnis keinen Unterschied. Wenn der/die Angeklagte als freier Mensch nach Hause gehen kann, dann haben sie ihren Job erfüllt.
Die Fälle Safwan Eid und Monika Weimar zeigen, dass es eben doch Freisprüche zweiter Klasse gibt. Sowohl Eid als (nach langer Haft) auch Weimar wurden 1997 „aus Mangel an Beweisen“ freigesprochen. Beide Male hob der Bundesgerichtshof im Vorjahr die Urteile wieder auf und ordnete ganz neue Prozesse an.
In beiden Verfahren hatten die Bundesrichter einen Detailfehler in der Beweisaufnahme entdeckt, und die Öffentlichkeit fragte irritiert: „Warum muss wegen solcher Lappalien das ganze Spektakel nochmals von vorn beginnen?“ Im Fall Weimar waren ZeugInnen als „glaubwürdig“ eingeschätzt, ihre Aussage aber ignoriert worden. Bei Eid hatte das Gericht zweifelhafte Tonbänder nicht zugelassen. Es mag sich um Einzelpunkte handeln, doch ein wackliger Freispruch ist so eben nicht mehr zu halten.
Jetzt müssen neue Gerichte alle ZeugInnen noch einmal vernehmen und alle Beweise neu bewerten. Für die Angeklagten steht nun wieder alles auf dem Spiel. Doch Spuren und Erinnerungen sind verblasst, eine Verurteilung ist nun unwahrscheinlicher als früher.
Für die Verteidigung bringt ein neuer Prozess sogar die Möglichkeit, aus dem zweitklassigen Freispruch noch einen erstklassigen zu machen. Im Fall Eid sind die Chancen hierzu sicher günstiger. Der Libanese hatte kein Motiv, seine Unterkunft anzuzünden. Die Indizienkette gegen ihn ist mehr als löchrig. Selbst die Staatsanwaltschaft hatte in der ersten Runde auf Freispruch plädiert.
Es besteht aber auch keine Pflicht der Verteidigung, die Angeklagten von jedem Makel zu befreien. Sie könnten genauso gut anstreben, den Prozess möglichst kurz zu halten, um die Nerven ihrer MandantInnen zu schonen. Wenn alle Prozessbeteiligten auf Rechtsmittel verzichten, dann lässt sich auch mit einem Freispruch „aus Mangel an Beweisen“ leben.
Die Entlarvung der „wahren Täter“ ist ohnehin nicht Aufgabe der Verteidigung – auch wenn die Öffentlichkeit das gerne sähe –, sondern der Staatsanwaltschaft.
Christian Rath
Tagesthema Seite 3
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