■ Kommentar: Vom Prestigeprojekt zur Lachnummer Transrapid soll eingleisig gebaut werden
Franz Müntefering wollte seinen Posten als Verkehrsminister anscheinend mit reiner Weste verlassen. An ihm, so soll es der Nachwelt in Erinnerung bleiben, habe es nicht gelegen, wenn der Transrapid nicht gebaut wird. Es soll ihm aber auch keiner nachsagen können, er habe sich nicht an Koalitionsverträge und Kabinettsbeschlüsse gehalten. Was für andere ein Dilemma zwischen Sparkurs und Standortdebatte sein mag, löst Müntefering – scheinbar – souverän: Er baut die Magnetschnellbahn eingleisig.
Damit will der gestern aus dem Amt geschiedene Verkehrsminister den schwarzen Peter der Wirtschaft zuschieben: Sollte die Strecke tatsächlich eingleisig gebaut werden, ist abzusehen, dass die Betreiber Bedenken äußern werden. Denn eine derartige Kompromisslösung zwischen Sparen und Investition dünnt den Takt aus, in dem die Züge verkehren. Das senkt die Fahrgastzahlen und führt zu geringeren Einnahmen. Für die Betreiber wäre die Magnetschnellbahn nicht mehr rentabel. So wären es schließlich in den Augen der Öffentlichkeit die mit dem Bau beauftragten Unternehmen selbst, die technische Innovationen verhinderten.
Damit würde das Prestigeprojekt deutscher Technologie aber auch zur Lachnummer: Ein Hochgeschwindigkeitszug in der Wartebucht, abhängig von der Pünktlichkeit des Gegenzugs, ist kein Hochgeschwindigkeitszug mehr. Die vermeintlich konkurrenzlos schnelle Verbindung zwischen Berlin und Hamburg wird nicht konkurrenzlos bleiben, wenn wegen der fehlenden Gegenstrecke von vornherein seltener Züge verkehren und Unpünktlichkeit programmiert ist.
Freilich werden beim Transrapid Pannen wie bei der Deutschen Bahn nicht vorkommen. Oder doch? Es müssten nur einmal die Weichen für die Ausweichbucht nicht richtig gestellt sein. Schon würde das schöne Stück per Hochgeschwindigkeitsunfall ein im wahrsten Sinne des Wortes schnelles Ende finden.
Außerdem hat die SPD mit Münteferings Abschiedscoup den kleinen Koalitionspartner einmal mehr vor den Kopf gestoßen: Die Grünen, von Anfang an gegen den Transrapid, werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Müntefering, der als Generalsekretär die SPD integrieren soll, tat in seinen letzten Stunden als Minister sein Bestes, um die Koalition auseinander zu bringen. Katharina Koufen
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