Kommentar: Parlamentarier kuschen
■ Die Bürgerschaft vor der Abdankung
Bremen legt Wert auf seine Stellung als Bundesland. Die Bürgerschaft legt Wert auf die Tatsache, dass sie ein richtiger „Landtag“ ist. Jedenfalls in der Theorie.
Und in der Theorie hat die Bürgerschaft einen Ausschuss, der für Verfassungsfragen zuständig ist. Fünf Mitglieder hat dieser Ausschuss, und alle diese fünf sachkundigen Volksvertreter sind der Auffassung, die nun der ehemalige Präsident des Rechnungshofes stellvertretend für sie formulieren musste: Die Veränderung der Verfassung, mit der Staatsräte zu Mitgliedern des Senats zweiter Klasse gemacht werden können, wäre ein tiefgreifender Einschnitt in die Verfassungstradition, und dafür gibt es keine hinreichenden Gründe. Es kann kein Argument gegen die bremische Verfassungstradition sein, dass fünf mal im Jahr ein Senator in Vertretung des Präsidenten des Senats an einer Bundesratssitzung teilnehmen soll.
In einem richtigen Landtag wäre der Fall klar: Der zuständige Ausschuss würde dem Plenum der Legislative mitteilen, das der diesbezügliche Wunsch der Exekutive abgelehnt werden sollte. In Bremen hat die Bürgerschaft kein Selbstbewußtsein als Legislative. Kuscht auf der Dezember-Sitzung auch die Zwei-Drittel-Mehrheit, wenn die Verfassungsänderung aufgerufen wird? Es geht inzwischen ums Prinzip, welche Einschätzung der bremische Landtag von seiner legislativen Bedeutung hat. Klaus Wolschner
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