Kommentar: Kein Argument
■ Warum die Probleme mit den Bürgerentscheiden noch kommen
Der erste Bürgerentscheid in Hamburg ist durch und hat gleich Erfolg gehabt. Der Senat akzeptiert das Ergebnis, die Bürgerinitiative darf jubeln. Das Instrument der Volksgesetzgebung hat gegriffen, die Wahlbeteiligung in Bergedorf war auch keine Katastrophe. Also alles bestens. Könnte man denken.
Der Bürgerentscheid wird trotzdem immer eine zweischneidige Angelegenheit bleiben. Es werden problematischere Entscheide folgen als der, ob ein Bahnhofsvorplatz ein überdimensioniertes Einkaufszentrum verdient oder nicht – oder ob irgendwo in der Stadt Schulhöfe bebaut werden dürfen.
Der Erfolg in Bergedorf wird die Populisten wieder ermutigen. Wenn die entsprechenden Medien das Thema pushen, wird es Resultate geben, die mit dem Begriff „bedenklich“ noch harmlos umschrieben sind.
Versuche dazu sind schon gestartet – von der Ablehnung von Bauwagenplätzen bis zum Stopp von Fixerstuben. Was wäre mit einem Bürgervotum zur Roten Flora in einer Stimmung wie der heutigen? Was ist mit Entscheiden, die nur ein diffuses bürgerliches Sicherheitsgefühl und die Springer-Presse befriedigen? Nicht immer werden solche Entscheide im Vorfeld mit formalen Argumenten abgebügelt werden können.
Ein Bürgerentscheid ist zwar mehr als eine fixe TED-Umfrage, aber er wird immer ein Instrument bleiben, mit dem bestimmte Interessen spielen können. Der Bergedorfer Bürgerinitiative sei ihr Erfolg gegönnt. Ein durchschlagendes Argument für den Bürgerentscheid ist er aber nicht. Peter Ahrens
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