Kommentar: Abteilung Stammtisch
■ Warum manche Sachbearbeiter Sozialhilfe offenbar für überflüssig halten
Sozialhilfe brauchen wir nicht. Na gut, vielleicht für die über 65. Oder für jene, denen zwei Kinder nicht reichten - obwohl die ja das Kindergeld reich macht - und für die ganz Kranken. Aber die anderen? Nicht von unseren Steuergeldern. Wer zwei gesunde Hände hat ... Arbeitslosengeld und -hilfe brauchen wir auch nicht. Gibt doch genügend Jobs, lehrt uns das Sozialamt Altona. Das Hamburger Arbeitsamt weist für den Mai 74.372 Arbeitslose aus und nur 11.529 offene Stellen? Ach.
Wenn das Wort Zynismus im Zusammenhang mit Sozialpolitik nicht so abgenutzt wäre, würde es mal wieder passen. Noch ist unklar, ob das, was die SOPO anprangert, tatsächlich eine erstmal-versuchen-vielleicht-können-wir-der-Stadt-ein-paar-Mark-sparen-S trategie ist oder ob es sich um Einzelfälle handelt. Allein der Verdacht reicht. Denn das Bild vom lustigen Sozialhilfeempfänger, der sich über die kaputtlacht, die arbeiten gehen, ist eine Stammtisch-Phantasie.
Unerträglich, dass sich das Amt noch bestätigt fühlt, wenn kein Widerspruch kommt. Geht doch. Nein, geht nicht, denn bei vielen nagt schon der Gang zum Sozialamt am Selbstbewusstsein. Für Widerspruch reicht es oft nicht mehr. Und es ist auch keine Hilfe zu erfahren, dass man absolut jeden Job anzunehmen hat.
Natürlich lässt sich darüber streiten, ob Sozialhilfeempfänger Arbeit als unzumutbar ablehnen können, die andere freiwillig machen. Aber Sozialhilfe soll individuelle Notlagen lindern. Und das lässt sich mit Textbausteinen nicht machen.
Sandra Wilsdorf
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