Kommentar: Alles Lüge
■ Warum der Kanzlerkonsens Hamburgs AKWs an Alterschwäche verscheiden lässt
Das ist nichts. Mit dem Atomkonsens nach Kanzlerart ist kein einziges Ziel grüner Energiepolitik zu erreichen; nicht einmal die im rot-grünen Hamburger Koalitionsvertrag aufgeschriebene Wunschvorstellung ist zu realisieren, bis Anfang 2003 ein AKW vom Netz zu nehmen.
Denn das Berliner Papier bedeutet in und um Hamburg eine langfristige Produktionsgarantie an die Kraftwerksbetreiber von über 20 weiteren strahlenden Jahren. Das ist kein Ausstieg, das ist nicht einmal eine geordnete Abwicklung. Hamburgs Atommeiler verscheiden in einer fernen Zukunft schlicht an Altersschwäche.
Die ursprüngliche Formel „30 plus 3“, welche die Grünen nur mit Bauchschmerzen akzeptiert hatten, mutet dagegen beinahe schon radikal an. Sie hätte dazu geführt, dass der Alt-Meiler Stade in eineinhalb Jahren, das jüngste AKW Brokdorf spätes-tens 2016 abgeschaltet worden wäre. Davon kann keine Rede mehr sein.
Zwar könnte der unrentable Reaktor Stade theoretisch noch in diesem Jahr abgeschaltet werden, und Betreiber HEW müsste der Belegschaft erklären, dass er sie aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen entlässt. Doch die Stromkontingente würden auf Krümmel oder Brokdorf übertragen, die dafür umso länger am Netz blieben: Ein politischer Erfolg sieht anders aus.
Grüne PolitikerInnen müssen um des Restes ihrer Glaubwürdigkeit willen diese Vereinbarung ablehnen. Für sozialdemokratische Umweltpolitiker, die noch ernst genommen werden wollen, gilt dies gleichermaßen. Alles andere wäre verlogen.
Sven-Michael Veit
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