Kommentar: Falsche Strategie
■ Warum sich Krista Sager und Ortwin Runde der Diskussion mit Schill stellen sollten
Der zum Politschreck mutierte Richter Ronald Schill konfrontiert seine Kritiker mit einem Dilemma, das am Donnerstagabend in Wilhelmsburg gut zu beobachten war.
Wenn sie sich argumentativ mit dem Außenseiter auseinander setzen, laufen sie einerseits Gefahr, ihn hoffähig zu machen. Die von Schill propagierte Abschreckungsjustiz, seine Forderung nach einer „Politik für die Mehrheit der rechtschaffenen Bürger“ – Wer definiert die? – und die latente Ausländerfeindlichkeit seiner Partei würden zu diskutablen Positionen. Der Schwerpunkt der allgemeinen politischen Debatte verlagerte sich nach rechts.
Verweigern sich Schills Kritiker hingegen der Debatte, spielen sie ihm ungewollt in die Hände: Indem sie seine Veranstaltungen stören, sei es auch noch so friedlich, nähren sie die Angst von Schills kleinbürgerlichem Klientel vor dem angeblich drohenden Chaos.
Ähnlich steht es mit der Weigerung der beiden Bürgermeis-ter Ortwin Runde (SPD) und Krista Sager (GAL), mit dem rachsüchtigen Richter zu diskutieren. In einem personalisierten Wahlkampf erweckt sie den Eindruck, SPD und GAL hätten ihrem Herausforderer am Ende gar nichts entgegenzusetzen – zumal sie ihm mit dem Brechmitteleinsatz und dem Ende des Stellenstopps bei der Polizei an wichtigen Punkten entgegengekommen sind. Überdies erzeugt sie bei vielen Menschen das Gefühl, ihre Probleme würden nicht ernst genommen.
Angesichts der immer besser werdenden Prognosen für Schill ist es an der Zeit, diese Strategie zu überdenken. Gernot Knödler
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