Kommentar: Nicht normal
■ Ex-Innensenator Olaf Scholz beweist zum Abschied Sinn für Symbolik
Für Ronald Schill ist es „dem Verhalten eines Innensenators nicht würdig“, dass sein Vorgänger Olaf Scholz ihn nicht ins Amt eingeführt hat. Natürlich verletzt das die Regeln der Höflichkeit, ihn in ein leeres Büro zu schicken ohne Händedruck und warme Worte. Das ist selbstverständlich nicht die feine Art des zuvorkommenden Behördenleiters, der sich normalerweise mit guter Miene und Lächeln im Gesicht noch dafür bedankt, dass er aus dem Amt gewählt worden ist.
Aber ist es höflich, darüber nachzudenken, Obdachlose aus der Innenstadt zu vertreiben? Ist es höflich, mit dem Spritzenverbot in Gefängnissen die Gesundheit von Menschen zu gefährden? Ist es höflich, die Gefühle der KZ-Überlebenden zu verletzen, indem man die Zukunft der Gedenkstätte Neuengamme zur Debatte stellt? Ist es höflich, eine Verkehrspolitik durchzupeitschen, die die Sicherheit von FahrradfahrerInnen und FußgängerInnen attackiert?
Olaf Scholz hat mit seiner bewussten Regelverletzung des Anstandes ein Zeichen gesetzt. Ein Zeichen dagegen, dass ein Senator Ronald Schill Normalität, dass die Regierungsbeteiligung einer rechtspopulistischen Kraft achselzuckend als ein alltäglicher Vorgang in der Demokratie hingenommen wird.
Politik ist Symbolik, das wissen nicht zuletzt die neuen Regierenden – wenn sie die Stresemannstraße oder den Grindelhof wieder für den Autoverkehr öffnen. Scholz hat Sinn für Symbolik bewiesen. Man muss SenatorInnen der Schill-Partei nicht mit einem bunten Blumenstrauß in der Hand begrüßen und ihnen viel Glück in ihrem neuen Amte wünschen. Peter Ahrens
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