Kommentar zweites Konjunkturpaket: Allmählich begreift die Regierung

Die Senkung der Krankenkassenbeiträge geht in die richtige Richtung. Davon profitieren Geringverdiener und Rentner. Allerdings haben die neuen Pläne auch Tücken.

40 Milliarden Euro sind viel Geld. Und Überraschung: Das zweite Konjunkturpaket der Regierung klingt nicht völlig unvernünftig. So scheint sich in der CDU endlich durchzusetzen, dass Steuersenkungen nichts bringen - weil sie die Besserverdienenden bevorzugen und viele Haushalte sowieso keine Steuern zahlen. Stattdessen ist man nun auf die bessere Idee verfallen, die Krankenkassenbeiträge zu subventionieren. Davon würden auch Geringverdiener und Rentner profitieren, die bei Steuersenkungen leer ausgingen.

Allerdings haben auch die neuen Pläne Tücken. So scheint es der Union ein dringendes Anliegen zu sein, auch die Arbeitgeber zu entlasten. Das ist überflüssig. Denn die Investitionsbedingungen für die Unternehmen verbessern sich sowieso rapide: Die Rohstoffpreise fallen ins Bodenlose; auch die Zinsen werden langfristig sinken. Das Problem der Firmen ist nicht, dass die Produktion zu teuer wäre - es fehlt die Nachfrage. Wer den Arbeitgebern helfen will, muss daher die Arbeitnehmer entlasten.

Die Subvention der Krankenkassenbeiträge sollte also nur den Beschäftigten zugutekommen. Und so will es die SPD auch: Sie möchte die Arbeitnehmer um 0,9 Prozentpunkte entlasten. Das klingt bombastischer, als es ist. Zunächst einmal handelt es sich sowieso nur darum, eine angekündigte Beitragssteigerung wieder ein wenig zurückzunehmen. Und auch die Summen sind eher dürftig. Bei einem Durchschnittsverdienst von monatlich 3.000 Euro betrüge das Plus ganze 27 Euro. Natürlich ist das Geld. Trotzdem dürften gerade die Besserverdienenden diesen eher kleinen Zuwachs auf ihrem Konto gar nicht bemerken und einfach weitersparen. Damit aber wäre das Konjunkturpaket teilweise nutzlos: Die Zusatzmilliarden wirken nur, wenn jeder Euro in den Konsum fließt.

Daher: Ein Konjunkturpaket, das alle Bürger, unabhängig vom Einkommen, beglückt, verpufft. Also sollte die Entlastung vor allem bei den Geringverdienern ansetzen, die garantiert nicht sparen. Die Umsetzung wäre einfach: Wie die Steuern müsste man endlich auch die Sozialbeiträge progressiv gestalten. Das würde nicht nur kurzfristig als Konjunkturpaket wirken, sondern wäre auch langfristig gerecht.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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