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Ulkrike Herrmann plädiert dafür, die Sozialbeiträge progressiv zu gestalten. Würde dieser Vorschlag realisiert, erschiene die Sozialversicherung den besser verdienenden Angestellten wie eine zweite Einkommensteuer, verbunden mit Versicherungsleistungen - immer weniger äquivalent zu den Beiträgen. Viel Bürokratie wäre dagegen einzusparen, würde der Sozialausgleich generell über Steuern und das staatliche Zuwendungssystem realisiert. An die Stelle der immer weniger wahrgenommenen Solidargemeinschaft der abhängig Beschäftigten könnte die Solidargemeinschaft aller Menschen im Lande treten. Die gesetzlichen Krankenkassen hätten wie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit Kranken- und Pflegeversicherungbeiträge in Konkurrenz zu den privaten Versicherungen zu kalkulieren. Der Staat müsste den Mindestumfang der Versicherungspflicht bestimmen und Bedürftigen ein Gesundheitsgeld gewähren, das bei allen Gehalts- und sonstigen Bezugsabrechnungen wie eine negative Einkommensteuer verrechnet wird. Die kassenärztlichen Vereinigungen könnten entfallen und, wenn die Beamten eine Krankheitsvollversicherung abschließen müssten, entfiele auch die Beihilfebürokratie. Da Arztpraxen für gleiche Leistungen immer die gleiche Vergütung berechnen könnten, entfiele ein Grund für unterschiedliche Behandlungen.
Die haben die Krankenkassenbeiträge ja gerade erhöht zum 1. Januar. Jetzt wird eine Rücknahme debattiert. Das alles hat mehr mit der bevorstehenden Wahl und mit Aktionismus ( den man Merkel bisher nicht vorwerfen konnte), denn mit durchdachter Politik zu tun. Wer zahlt für diese hunderte Milliarden für die Banken, ungezählten Milliarden für...eigentlich nach der Wahl im September 2009 die Zeche? Wenn plötzlich Einsparungen im Sozialbereich als unumgänglich hingestellt werden könnten; die Mehrwertsteuer erhöht werden muß usw? Wenn nächstes Jahr und 2010 wie vorhergesagt, die Arbeitslosenzahlen steigen, ist diese Absenkung der Kassenbeiträge eh Makulatur, weil die Kassen mit verminderten Einnahmen über Beiträge Pleite gehen. Bei den Arbeitslosenbeiträgen ist's ja auch so: die werden abgesenkt, die Bundesagentur erwartet jetzt für 2009 fünf Milliarden Minus. Und nun? Durchdachte, sinnvolle Politik schaut anders aus. Die armen Menschen im Lande (13 % = ca 11 Millionen, nach Herrn Gabriel)spielen bei diesen Spielchen von vorn herein keine Rolle. Ach ja, weiß eigentlich in diesem Millarden-Rausch noch jemand, wie wenig man für 10,-€ im Laden bekommt? Und wieviel das war, als 10,-€ noch 20,- Mark waren? Welche Rolle spielt der Euro bei dieser Krise? Oder ist dieses Thema tabu?
Mein Beitrag steigt von 13,7 auf 15,5 % Zudem fällt das Hausarztmodell weg. Beim Hausarztmodell entfällt die Praxisgebühr wenn man stets zuerst zum heimischen Arzt geht. Allein durch die Streichung dieser Regelung bezahle ich wieder 40 Euro Paxisgebühr per Anno mehr.
Dazu kommt die Beitragssteigerung.
Steuern bezahle ich nicht,
das wäre auch noch schöner bei meinem Einkommen.
So sieht das aus im wirklichen Leben.
Sehr geehrte Frau Herrmann,
so sehr ich Ihrem Kommentar inhaltlich in weiten Teilen zustimme, zu ihrem letztem Satz kann ich mir eine Anmerkung nicht ersparen: Wenn sie die Sozialbeiträge progressiv gestalten, dann trifft die notwendige Erhöhung am oberen Ende ja nicht die sogenannten Besserverdienenden, sondern die Menschen, die gerade an der Beitragsbemessungsgrenze verdienen. Die haben aber schon heute eine Abgabenlast die mit 50 Prozent des Bruttoeinkommens (zumindest als Alleinstehender) sehr hoch ist.
Die noch viel besser Verdienenden sind ja z.B. alle längst in der privaten Krankenversicherung, wo sie bei besseren Leistungen statt 600 € nur noch 400€ pro Monat Beitrag bezahlen, weil der Sozialanteil wegfällt. Eine Progression bei den Sozialleistungen scheint mir fehl am Platz. Das Sozialsystem gehört über Steuern finanziert, dann ist die Progression da und alle müssen sich beteiligen.
Mir freundlichen Grüßen,
Dr. Olaf Ippisch
Große Batteriespeicher werden wichtiger für die Energiewende. Laut einer Studie verfünffacht sich ihre installierte Leistung in den nächsten 2 Jahren.
Kommentar zweites Konjunkturpaket: Allmählich begreift die Regierung
Die Senkung der Krankenkassenbeiträge geht in die richtige Richtung. Davon profitieren Geringverdiener und Rentner. Allerdings haben die neuen Pläne auch Tücken.
40 Milliarden Euro sind viel Geld. Und Überraschung: Das zweite Konjunkturpaket der Regierung klingt nicht völlig unvernünftig. So scheint sich in der CDU endlich durchzusetzen, dass Steuersenkungen nichts bringen - weil sie die Besserverdienenden bevorzugen und viele Haushalte sowieso keine Steuern zahlen. Stattdessen ist man nun auf die bessere Idee verfallen, die Krankenkassenbeiträge zu subventionieren. Davon würden auch Geringverdiener und Rentner profitieren, die bei Steuersenkungen leer ausgingen.
Allerdings haben auch die neuen Pläne Tücken. So scheint es der Union ein dringendes Anliegen zu sein, auch die Arbeitgeber zu entlasten. Das ist überflüssig. Denn die Investitionsbedingungen für die Unternehmen verbessern sich sowieso rapide: Die Rohstoffpreise fallen ins Bodenlose; auch die Zinsen werden langfristig sinken. Das Problem der Firmen ist nicht, dass die Produktion zu teuer wäre - es fehlt die Nachfrage. Wer den Arbeitgebern helfen will, muss daher die Arbeitnehmer entlasten.
Die Subvention der Krankenkassenbeiträge sollte also nur den Beschäftigten zugutekommen. Und so will es die SPD auch: Sie möchte die Arbeitnehmer um 0,9 Prozentpunkte entlasten. Das klingt bombastischer, als es ist. Zunächst einmal handelt es sich sowieso nur darum, eine angekündigte Beitragssteigerung wieder ein wenig zurückzunehmen. Und auch die Summen sind eher dürftig. Bei einem Durchschnittsverdienst von monatlich 3.000 Euro betrüge das Plus ganze 27 Euro. Natürlich ist das Geld. Trotzdem dürften gerade die Besserverdienenden diesen eher kleinen Zuwachs auf ihrem Konto gar nicht bemerken und einfach weitersparen. Damit aber wäre das Konjunkturpaket teilweise nutzlos: Die Zusatzmilliarden wirken nur, wenn jeder Euro in den Konsum fließt.
Daher: Ein Konjunkturpaket, das alle Bürger, unabhängig vom Einkommen, beglückt, verpufft. Also sollte die Entlastung vor allem bei den Geringverdienern ansetzen, die garantiert nicht sparen. Die Umsetzung wäre einfach: Wie die Steuern müsste man endlich auch die Sozialbeiträge progressiv gestalten. Das würde nicht nur kurzfristig als Konjunkturpaket wirken, sondern wäre auch langfristig gerecht.
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Kommentar von
Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).