Kommentar zur Olympia-Bewerbung: Die genialen Dilettanten
Der Senat hat die Spiele und vor allem den dafür nötigen Bürgerentscheid im September nie gewollt. Das hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder gezeigt.
Wenige Tage nur noch, dann kann der Senat aufatmen: Der Kelch der Olympiabewerbung dürfte dann an ihm vorübergegangen sein. Vielleicht ist es schon heute so weit, wenn die Umfrage des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) einen weiteren Beleg für die sehr dezente Begeisterung der Berliner für die Spiele ergibt; vielleicht erst Montag in einer Woche, wenn endgültig die Entscheidung fällt.
Der Senat hat die Spiele und vor allem den dafür nötigen Bürgerentscheid im September nie gewollt. Das hat sich in den vergangenen Monaten einwandfrei gezeigt: So wenig Engagement der Senatoren, so viel Dilettantismus bei der Kampagne ist selbst in Berlin nicht anders zu erklären, als dass es sich um Absicht gehandelt haben muss.
Müller hat andere Ziele
Dafür gibt es Gründe. Innen- und Sportsenator Frank Henkel (CDU) gilt in Koalitionskreisen schon ohne Olympiabewerbung als völlig überfordert. Und auch dem neuen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) würde eine Olympiakampagne in seinem ersten, vielleicht entscheidenden Jahr im Amt ziemlich unpassend kommen: Statt für sich und seine Ziele Wohnungsbau und soziale Stadt zu werben, müsste er sich für ein umstrittenes Megaevent ins Zeug legen – und dabei riskieren, dass eine Niederlage beim Entscheid am 13. September als seine Niederlage verstanden wird.
Doch Müller wie Henkel wollen im Herbst 2016 die Abgeordnetenhauswahl gewinnen. Das dürfte ihnen wichtiger sein als eine Olympiade, die wohl erst nach Ende ihrer politischen Karriere stattfindet. Das Schöne daran ist: Sie wissen die Berliner mit dieser Einschätzung gegen Olympia auf ihrer Seite – was bisher selten genug vorkam.
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