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Kommentar zum Koalitionsvertrag in NRWDüsseldorfer Dilemma

Kommentar von Ralph Bollmann

In ökologischer Hinsicht konnten die Grünen in Düsseldorf weniger heraushandeln als zuletzt in Bündnissen mit der CDU. Die rot-grüne Minderheitsregierung setzt auf Kohlekraftwerke - und die FDP.

N och bevor sich die rot-grüne Minderheitsregierung nächste Woche im Düsseldorfer Landtag zur Wahl stellt, hat sie schon eine erstaunlich gute Presse. Die Krise der schwarz-gelben Koalition in Berlin, der unrühmliche Abgang des CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, der Achtungserfolg des Kandidaten Joachim Gauck bei der Präsidentenwahl schaffen ein Umfeld, wie es für dieses Experiment günstiger nicht sein könnte.

Keineswegs wollen SPD und Grüne bei der Mehrheitsfindung künftig einseitig auf die Linkspartei setzen. Ihr eigentliches Augenmerk richtet sich auf die FDP. Die Hoffnung, dass sich die Liberalen nach einer Schamfrist im Herbst dem Düsseldorfer Regierungslager noch hinzugesellen könnten, erscheint vor dem Hintergrund ihres Berliner Dilemmas alles andere als verwegen. Eine solche Allianz wäre auch kaum zum Schaden der FDP. Denn ein Wechsel des politischen Lagers wird bei Koalitionsverhandlungen stets höher belohnt als der Eintritt in ein sogenanntes Wunschbündnis.

Der FDP kommt diese Erkenntnis erst nach einer langen Leidensphase, die Grünen haben sie längst schon gemacht. Sie wurde jetzt auch in Düsseldorf wieder bestätigt. Die neue SPD-Landeschefin Hannelore Kraft ist im Umgang zwar kooperativer als ihre machohaften Vorgänger - in der Sache bleiben die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr aber die Partei der Kohle. Was die Grünen in ökologischer Hinsicht heraushandeln konnten, ist im Vergleich zu ihren zuletzt geschlossenen Bündnissen mit der CDU darum eher bescheiden.

Auf den übrigen Politikfeldern profilierten sich die Grünen weiter als eine Partei von Maß und Mitte, als Stabilitätsanker in einem zunehmend irrlichternden Parteiensystem. Jene 90.000 Stimmen, die sie bei der Landtagswahl direkt von der CDU hinzugewannen, wollen sie so schnell nicht aufgeben. Angesichts einer lokalen Union, die bei der Wahl des neuen Fraktionschefs die Kraft zur Erneuerung nicht aufbrachte, haben sie allerdings auch wenig zu befürchten.

So endet die turbulente politische Saison 2009/10, das Jahr von Bundestagswahl und NRW-Landtagswahl, pünktlich zur Sommerpause mit einem paradoxen Ergebnis: Der Amtsantritt des chaotischen Dreiparteienbündnisses von CDU, FDP und CSU hat die politischen Lager keineswegs verfestigt, sondern ganz im Gegenteil verflüssigt. Etwas Schlechtes ist das nicht.

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4 Kommentare

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  • L
    Lenny123

    Die Grünen haben sich doch schon so weit von ihren Wurzeln entfernt wie die SPD von der Sozialdemokratie.

     

    Es geht doch nur um Macht und um den eigenen Geldbeutel, da ist das Ziel der Grünen - die Welt zu verbessern - schon längst vergessen worden und man mutierte zu einen grünlackierten FDP.

     

    Insofern ist der Vergleich zwischen der FDP und den Grünen bezüglich der Beliebigkeit von Koalitionen und Positionen durchaus treffend.

  • A
    ari

    liebe taz,

     

    auch ihr solltet langsam erkennen, dass die cdu die bessere spd geworden ist. der konservativen kruste vollkommen entledigt, passen sie vom programm her bestens zu den grünen. diese sollten nur langsam mit dem umdenken anfangen und ihre partei verjüngern. eine roth ist in der heutigen welt mehr als überflüssig.

     

    eine spd ist schnee von gestern, gabriel demonstriert dies mit jedem wort, was aus seinem mund kommt, hervorragend.

  • T
    thiotrix

    Klimaschutz ist Mumpitz – am deutschen Wesen wird auch hier die Welt nicht genesen!

     

    Dieses Getue um den Klimaschutz, den sogenannten, hängt mir zum Halse ´raus! Frau Kraft und Frau Löhrmann sollen sich doch bitte mal die Fakten zum globalen CO2-Ausstoß anschauen – dann würden sie vielleicht begreifen, daß ihre Anstrengungen kaum mehr Folgen haben werden als wenn in China der berühmte Sack Reis umfällt: Der Anteil Deutschlands an der globalen CO2-Freisetzung beträgt gegenwärtig weniger als 3 % und der von Nordrhein-Westfalen ca. 1 %. Selbst wenn wir unseren Anteil auf Null senken würden, wäre damit im Weltmaßstab fast nichts gewonnen: Wie lange wird es wohl dauern, bis die stark wachsende Wirtschaft in China und Indien den eingesparten deutschen Anteil mehr als wettgemacht haben wird? Vermutlich weniger als ein Jahr! Schönes Beispiel: In 2006 wurde in China statistisch jeden zweiten Tag (genau: alle 2,1 Tage) ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb genommen; in 2007 wird vermutlich jeden dritten Tag eine neues Kohlekraftwerk fertiggestellt und jetzt mindestens noch jede Woche eins! Jedes einzelne verbraucht ca. 1,8 Millionen t Kohle im Jahr und setzt 4 Millionen t CO2 frei- die in 2006 allein in China neu in Betrieb genommenen Kohlekraftwerke emittieren fast soviel CO2 wie ganz Deutschland! Und unsere rot-grünen Spitzenkönner sind ganz stolz, wenn sie den Bau von Europas modernstem Kohlekraftwerk in Datteln verhindern können. Selig sind die geistig Armen!

    Wir sollten auch nicht vergessen, daß weltweit kaum ein Land sparsamer und effizienter mit Energie umgeht als Deutschland. Die einzige Rechtfertigung für einen sparsamen Umgang mit Energie ist die Tatsache, daß allein aufgrund der starken Nachfrage die Preise für Öl, Erdgas Kohle und Uran mittelfristig stark steigen werden. Die Volkswirtschaften, die sehr energieeffizient arbeiten, werden dabei am besten aufgestellt sein. Nur dadurch ist die Forschung auf diesem Gebiet notwendig und absolut gerechtfertigt. Das ganze Gerede vom Klimaschutz ist Mumpitz!

  • A
    AlexsZander

    "Etwas Schlechtes ist das nicht"

     

    Da möchte ich deutlich widersprechen! Was ist als einfacher Wähler davon zu halten, wenn die Parteien nicht mehr klare Positionen beziehen, nur noch versuchen Koalitionen zu schmieden, nicht mehr versuchen politische Utopien zu verwirklichen (wäre ja schön wenn sie mal überhaupt welche hätten) und vor allem was ist davon zu halten, wenn ich nicht mehr sicher sein kann, dass meine Stimme auch das bezweckt was sie bezwecken soll?! Sich verflüssigende polit. Lager sind doch ein Indiz dafür, dass sich die Parteien nicht mehr an den Auftrag ihrer Wähler gebunden fühlen, dass die Volkssouveränität mit Füßen getreten wird und Politik zu einer Verwaltung des Niedergangs verkommt.

     

    Ich trauere einer Zeit nach als die Parteien noch Utopien und Ideale hatten und sie danach strebten diese zu verwirklichen, als Politik mehr war als die Verwaltung des Status Quo, als ihr noch eine utopische Kraft inne wohnte – das war noch wirkliche Politik; das was wir jetzt haben verdient diesen Ausdruck nicht mehr, nennen wir es besser Post-Politik.