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der fall christoph T, fiel mir auch beim lesen ihres artikels gleich ein,aber mein vorkommentator hat bereits alles dazu gesagt, was es zu diesen dubiosen festnahme- und vorverurteilungspraktiken zu sagen gibt. dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.
Die Aufzählung ist unvollständig.
Auch der 23-jährige Berliner Christoph T. saß dieses Jahr für mehrere Monate in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nach wie vor vor, ein Auto angezündet zu haben. Der Fall erregte wie einige anderen Fälle, in denen es gegen vermeintliche "Linke" ging, großes mediales Interesse und wurde auch seitens der Poltik gerne als Bezugspunkt genommen, wenn es um vermeintlich "schnelle Erfolge" ging.
Parallelen zu den Fällen von Yunus, Rigo, Alexandra: Die Staatsanwaltschaft vermutet ein politisches Motiv, fordert ein besonders hartes Urteil zur Abschreckung und begründet damit im Umkehrschluss die monatelange Unterschungshaft, obwohl keine weiteren, objektiven Fluchtgründe (z.B. konkrete Vorbereitungen) vorliegen: Praktiziertes Feindstrafrecht.
Die Ermittlungsbehörden taten zudem in allen Fällen ihr Möglichstes, dass die Ermittlungen nur Belastendes zu Tage förderten. Im Fall Christoph T. unterließen die am Tatort Ermittelnden Beamten es gleich ganz, einen technischen Defekt zu prüfen und ließen das Auto verschrotten - bis heute gibt es keinen Beweis, dass das Fahrzeug überaupt in Brand gesetzt wurde. Brandmittelrückstände - Fehlanzeige!
Darüber hinaus wurde eindeutig entlastendes, wie z.B. besagtes Foto im Yunus-Rigo-Prozess, ein chemisches Gutachten (Geyer-Lipmann) im Fall Christoph T., Monate lang zurückgehalten. Umstände, die den Ermittlern von Anfang an bekannt waren. Trotzdem vergingen es Monate, bis Christoph aus der Haft entlassen wurde, genauso wie Yunus und Rigo der Psychischen Folter der Haft ausgesetzt wurden.
Während dessen wurden die vermeintlichen Ermittlunsgerfolge von Polizei, Politik und teilen der rechten Hetzmedien gefeiert. Auch ein Herr Lux hatte damals nicht den Schneid, diesen Leuten zur Seite zu stehen.
Und noch eine Parallele: In sämtlichen Verfahren: Christoph, Alexandra, Yunus, Rigo, beharrt die Staatsanwaltschaft weiterhin auf ihrer Anklage. Koste es,was es wolle. Der Schrecken ist für die Betroffenen noch nicht vorbei, Rechtsmittel, Revion und Berufungen stehen noch aus.
Aktuelles zum Fall Christoph: http://engarde.blogsport.de/category/christoph/
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Kommentar zu Molli-Prozess: Rechtsstaat muss attraktiv sein
Lange U-Haft für junge Täter ist nicht unbedingt angemessen. Völlig unakzeptabel ist, wenn Richter den Eindruck hinterlassen, sie stünden so sehr unter Druck, dass sie auch mal den Flaschen vor Gericht bringen.
Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren ist Matti Z. freigesprochen worden. Dem jungen Antifaschisten war vorgeworfen worden, zwei Neonazis schwer verletzt zu haben. Drei Monate saß er in Untersuchungshaft, bis die Zweifel an der Anklage nicht mehr zu übersehen waren. Anfang November dann wurde Alexandra R. vom Vorwurf, Autos angesteckt zu haben, freigesprochen. Sie hatte zuvor fünfeinhalb Monate hinter Gittern gesessen. Nun stehen auch die beiden Schüler Yunus K. und Rigo B. vor einer Absolution - nach sieben Monaten im Knast. Drei Pleiten für die Ankläger bei Prozessen gegen vermeintliche Täter aus dem linken Spektrum. Das klingt nach einem strukturellem Problem.
Selbstverständlich darf es bei der Schwere der Vorwürfe zu einem Prozess kommen - wenn sie sich denn annähernd belegen lassen. Nicht einmal ein Freispruch am Ende kann die Notwendigkeit eines Verfahrens in Frage stellen. Hinterfragen aber muss man schon, ob die Länge der U-Haft bei solch jungen Tätern, zumal bei wachsenden Zweifeln, angemessen ist. Und völlig unakzeptabel ist, wenn die Ermittler den Eindruck hinterlassen, sie stünden so sehr Druck, dass sie auch mal einen Falschen vor Gericht bringen.
Dieser Druck kommt nicht nur von manchen Medien. Selbst der von den Konservativen angefeuerte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) setzt auf abschreckende Urteile. Tatsächlich können sie potenzielle Nachahmer abhalten - wenn sie gerecht sind. Doch ein offensichtlich überhartes Vorgehen wird das in der linken Szene eh schon erschütterte Vertrauen in den Staat nur weiter untergraben. Ein Rechtsstaat muss eine Attraktion für alle sein, kein Monster.
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Kommentar von
Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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