piwik no script img

Kommentar zu Dobrindt und TegelEines Ministers unwürdig

Der Bundesverkehrsminister hat eine weitere Schnapsidee: Er ist jetzt für die Offenhaltung Tegel – anders als die Bundesregierung.

Immer für eine fixe Idee zu haben: Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) Foto: dpa

Hickhack bei der Pkw-Maut. Kein erkennbares Interesse an einer Verkehrswende. Eine unbefriedigende Rolle bei der Aufklärung des VW-Abgasskandals. Eigentlich ist es nach diesen und anderen Fehltritten von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nur logisch, dass jetzt der nächste Klopper kommt und er plötzlich den Flughafen Tegel dauerhaft offen halten will.

Und doch erschüttert einen der Schwenk des CSUlers: Immerhin ist es ein Bundesminister, zuständig für die Verkehrsinfrastruktur eines 82-Millionen-Einwohner-Landes, der da auf nicht nachvollziehbare Weise redet, und nicht irgendein Dorfschulze – was auch schon schlimm wäre.

Der BER bekomme ein Kapazitätsproblem, hat Dobrindt jetzt festgestellt. Aha, wie neu. Fakt ist, dass die Passagierzahlen an den Berliner Flughäfen seit Jahren über die Erwartungen hinaus steigen. Das weiß jeder, der Zeitung liest; umso mehr aber einer, der wie Do­brindt extra einen Staatssekretär im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft sitzen hat.

Gut, kann man mit allergrößtem Wohlwollen jetzt sagen, da will einer nicht länger die Augen verschließen und zieht die Reißleine, wie es in solchen Momenten oft blumig heißt. Aber auch bei allergrößtem Wohlwollen lässt sich nur ein einziger Grund finden, warum Dobrindts Schwenk ausgerechnet jetzt nach der Mitgliederbefragung der Berliner CDU kommt. 83 Prozent stimmten dabei dafür, Tegel offen zu halten.

Dobrindt trotzt Merkel

In der Bundesregierung ist ein offener Streit über die Zukunft des Berliner Flughafens Tegel ausgebrochen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bekräftigte am Dienstag seine Argumente dafür, den Flughafen nach Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld weiter zu betreiben. "Der BER bekommt ein Kapazitätsproblem", teilte Dobrindt mit. Für die gesamte Bundesregierung hatte eine Sprecherin zuvor deutlich gemacht, der Bund stehe zu dem 21 Jahre alten Beschluss, Tegel nach Eröffnung des neuen Flughafens zu schließen. (dpa)

So gewinnt man kein Vertrauen

Dieser eine Grund aber ist schlicht Kalkül mit Blick auf die Bundestagswahl am 24. September, am selben Tag wie der Tegel-Volksentscheid: Die Stimmung in Berlin ist pro Offenhaltung – wider bessere Argumente wie mehr Ruhe und Sicherheit für Pankow, Wohnungsbau und 20.000 neu Jobs. Und die CDU will nicht allein die FDP davon profitieren lassen. Die hätte sich das ja durchaus verdient, weil sie schlicht konsequent ist und mit dem Thema Offenhaltung schon ihren Abgeordnetenhauswahlkampf bestritt. Dass aber ein Bundesminister bei so etwas mitmacht, trägt weiter dazu bei, das Vertrauen in die Politik und ihre Akteure zu unterminieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Hier eine populäre und vielleicht ein wenig populistische Position zu vertreten ist nichts mit den kriminellen und korrupten Machenschaften von Herrn Dobrindt. Das beides in einen Topf zu werfen und gar diesen populistischen Schwenk als schwerwiegender darzustellen, verharmlost z.B. das korrupte Verhalten im Abgasskandal.

    Herr Dobrindt hat nicht nur Strafvereitelung betrieben sondern er hat sich auch der Beihilfe zum Betrug und zur massenhaften Körperverletzung schuldig gemacht. Dass hier kein Staatsanwalt gegen ihn ermittelt liegt nicht an der fehlenden Strafwürdigkeit oder an fehlenden Beweisen. Es liegt schlicht daran, dass die Staatsanwälte weisungsgebunden sind - einem Webfehler unseres Rechtstaates, der die Vefolgung von regierungsnaher Kriminalität häufig verhindert.