Kommentar zu AfD & Terror-Ausschuss: Abwägen, nicht ausgrenzen
Die AfD sollte einen Terror-Untersuchungsausschuss nicht leiten. Stattdessen muss das Parlament ihr einen anderen wichtigen Ausschussvorsitz geben.
Die Fragen, die es zu klären gilt, sind schwerwiegend. Wer wusste was zu welcher Zeit über Anis Amri? Warum haben ihn die Behörden nicht festgenommen? Weil sie ihn gar nicht festnehmen wollten? War Anis Amri ein V-Mann oder Lockvogel?
Diese Fragen müssen beantwortet werden, wenn nötig, in einem Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus. Die FDP hat einen solchen beantragt. Dass er kommt, ist nicht unwahrscheinlich: Im Bund und in NRW sind bald Wahlen, die Zeit wäre sehr begrenzt. In Berlin könnte ein solcher Ausschuss dagegen in Ruhe arbeiten und aufklären.
Allerdings gibt es zwei Probleme. Erstens würde der nächste Ausschuss in Berlin turnusgemäß einen AfD-Vorsitzenden bekommen. Und zweitens wäre es beileibe kein gewöhnlicher Untersuchungsausschuss. Denn wenn es keine vergleichbaren Ausschüsse im Bund und in NRW gäbe, würde im Abgeordnetenhaus nicht nur das Behördenhandeln in Berlin unter die Lupe genommen werden. Hier würde auch das Handeln aller Beteiligten auf den Tisch kommen, einschließlich das des Bundesinnenministers und der Kanzlerin.
Dieses Doppelproblem muss Rot-Rot-Grün nun lösen. Soll die AfD eine Bühne bekommen, um mit großem öffentlichen Tamtam die Kanzlerin einzuladen? Soll sie sie – mit dem Briefkopf des Ausschussvorsitzenden ausgestattet – befragen dürfen, ob die Toten vom Breitscheidplatz wirklich ihre, Merkels, Tote sind?
Schwer vorzustellen. Schwer vorstellbar aber auch, dass nun irgendein Fake-Ausschuss gegründet wird, um die AfD um ihr parlamentarisches Recht zu bringen. Die Rechtspopulisten würden sich mit Recht empören, von den angeblichen Mainstream-Parteien ausgegrenzt zu werden.
Die einzige Lösung, die es gibt, ist ein Ausschuss, der tatsächlich die dringenden Fragen der Stadt zum Thema macht. Die Modernisierung der Berliner Verwaltung wäre ein solches Thema. Würde er vor einem U-Ausschuss installiert, könnte die AfD zeigen, was sie zu diesem Berliner Thema zu sagen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten