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Kommentar von Uwe Rada zum Aus am Checkpoint CharlieDas Parlament kann auch grätschen

Uwe Rada

ist Redakteur für Stadt­entwicklung.

Es kommt wohl nicht allzu oft vor, dass der Regierende Bürgermeister eine Senatorin im Senat zur Stellungnahme aufruft, und diese schulterzuckend ablehnt. Doch weder Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), noch Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) wollte sich bei den letzten Senatssitzungen zum Thema Checkpoint Charlie äußern. Man kann das eine Brüskierung von Michael Müller nennen – oder aber auch einen freundschaftlichen Hinweis auf die sich ändernden Machtverhältnisse im Gefüge von Rot-Rot-Grün.

Anders als in der Senatssitzung haben sich Linke und Grüne dagegen bei der jüngsten Sitzung des Abgeordnetenhauses zu ihrer Ablehnung der Trockland-Pläne für den Checkpoint Charlie geäußert. Sie werde „weder für Hinterzimmerdeals noch für ein Verramschen des Checkpoint Charlie“ ihre Hand heben, ließ Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek in Anspielung an den Letter of Intent wissen, den der Senat auf Staatssekretärsebene mit dem Investor geschlossen hat.

Auch wenn kein Grüner unter den Unterzeichnern war, ist diese Ankündigung bemerkenswert. Denn sie zeigt, dass sich nicht nur zwischen SPD, Linken und Grünen etwas verschoben hat, sondern auch zwischen Koalitionsfraktionen und dem Senat. So wie einst SPD-Fraktionschef Raed Saleh und sein CDU-Kollege Florian Graf Rot-Schwarz Dampf gemacht haben, machen es nun auch die Fraktionäre von Rot-Rot-Grün.

Denn auch die Linke ging auf Konfrontationskurs zu Trockland, obwohl Kultursenator Klaus Lederer lange Zeit zu der Vereinbarung mit dem Investor stand. Selbst die SPD-Fraktion rückte am Ende von den Plänen ab.

Natürlich werden die Kritiker von Rot-Rot-Grün nun wieder den Anfang vom Ende des Regierenden Bürgermeisters beschwören. Doch eigentlich ist das, was passiert ist, eine gute Nachricht. Das Parlament kontrolliert nicht nur, sondern grätscht auch dazwischen. Und der Senat ist lernfähig.

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