Kommentar von Tobias Müller : Europäischer Frühling
Was für eine Erleichterung! Wochenlang hatte das Schreckgespenst eines rechtspopulistischen Siegs den Blick auf die niederländischen Parlamentswahlen geprägt. Da ist es verständlich, dass man erst einmal aufatmet, wenn die Partij voor de Vrijheid (PVV), Motor wie Lautsprecher des vermeintlichen „patriotischen Frühlings“, dann deutlich unter ihren Umfragewerten landet.
Allerdings ist die PVV nach wie vor sehr ernst zu nehmen. Sie ist nicht verschwunden, im Gegenteil: Nie zuvor war sie im niederländischen Parlament die zweitgrößte Fraktion. Und schon die nächste Identitätsdebatte kann die Gefahr, die man gerade noch gebannt wähnte, zurückbringen. So ging es schon mehrfach in den Niederlanden, und so wird es wahrscheinlich weitergehen.
Aus den Augen verlieren sollte man auch nicht, dass drei der vier stärksten Parteien der Rechten zuzuordnen sind – zumal die Christdemokraten, die zu den größten Wahlgewinnern gehören, rhetorisch zur PVV aufgeschlossen haben. Ausgerechnet die Partei also, die sich als Hüterin von „Normen und Werten“ versteht, fiel dabei mit symbolpolitischen Knalleffekten auf. Eine bedenkliche Tendenz.
Dem gegenüber zeichnet sich ein Trend ab, dem Klima der Scharfmacherei und Angst eine optimistische Agenda entgegenzusetzen. Eine Agenda, die geprägt ist von der Hoffnung auf eine egalitäre und progressive, Europa zugewandte Gesellschaft.
Der Aufschwung der liberalen Parteien D66 und GroenLinks zeugt davon ebenso wie die Wahlbeteiligung von 82 Prozent und zahlreiche Wähler, die gegenüber in- und ausländischen Journalisten bekräftigten, sich gerade in dieser Stunde einmischen und die Politik des Landes mitprägen zu wollen.
Speziell Jesse Klavers GroenLinks, die bei der vorherigen Wahl 2012 noch abgestürzt war, könnte in den kommenden Wochen eine entscheidende Rolle spielen, denn die Regierungsbildung zeichnet sich bereits jetzt als komplexes Puzzle ab.
Mark Ruttes Liberale, die Christdemokraten und D66 würden wohl ihre Koalition aus den nuller Jahren aufleben lassen, liegen aber knapp unterhalb einer Mehrheit. Die Frage wäre nun: Lässt sich GroenLinks auf ein solches Modell ein? Und wenn ja: Wie viel von diesem neuen Schwung lässt sich dahin mitnehmen?
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