Kommentar von Sabine am Orde zum neuen Chef der CDU: Einigen kann Laschet – aber kann er auch Kanzler?
Hätte es noch eines Nachweises bedurft, dass Friedrich Merz als CDU-Chef eine desaströse Wahl gewesen wäre, er hat ihn am Wochenende selbst geliefert. Merz hat, wie schon auf dem Hamburger Parteitag vor gut zwei Jahren, seine Rede vergeigt und ist zum zweiten Mal bei der Wahl zum Vorsitzenden gescheitert. Andere würden sich demütig hinter dem Gewinner eingliedern, doch dafür ist Merz’Ego zu groß. Er fordert jetzt das Wirtschaftsministerium. Und wie ein wütendes Kind brüllt er auch noch: Sofort! Eine absurde Forderung.
Die CDU hat gut daran getan, sich diesem Risikokandidaten nicht anzuvertrauen und auf einen Rechtsruck zu verzichten. Merz, der rechts Stimmen gewinnen will und dafür bereit ist, die Mitte der Gesellschaft zu spalten, hätte die Partei in unsichere Zeiten geführt.
Doch das Ergebnis war knapp und zeigt: Die CDU ist zerrissen. Armin Laschet, der neue Chef, muss sie zusammenführen. Dafür war er der beste Kandidat. Vielleicht ist Laschet sogar genau der Versöhner, den die Partei jetzt braucht. In NRW jedenfalls ist es ihm in den vergangenen Jahren gelungen, die unterschiedlichen Strömungen zu integrieren. Das liegt auch daran, dass er die Vielstimmigkeit der CDU nicht nur erträgt, sondern sie für ihr Erfolgsrezept hält.
Nun müssen sich Merz und seine AnhängerInnen irgendwie befrieden und einbinden lassen. Vielleicht hat Merz mit seinem Verhalten dazu beigetragen, dass dies zumindest bei einem Teil seiner Fans gelingen kann. Auch das Superwahljahr wird mit dazu führen, dass sich die machtfixierte Partei diszipliniert. Für Merz allerdings könnte gelten: Wer sich gar nicht integrieren will, den muss die CDU vielleicht auch irgendwann zurücklassen.
Bleibt die Frage, ob Laschet auch Kanzler kann. Ehrgeizig und machtorientiert, wie er ist, wird er sich die Kandidatur dazu jedenfalls nur ungern nehmen lassen. In NRW regiert er mit der FDP, trotz einer knappen Mehrheit von nur einer Stimme, ziemlich stabil. In der Coronapandemie aber hat er oft unsouverän und wenig geschickt agiert, besonders wenn er unter Druck stand. Hat Laschet also die Nerven und das Geschick für nächtelange Verhandlungen auf EU-Gipfeln mit Leuten wie Orbán? Daran kann man zweifeln.
Die SPD und besonders die Grünen dürften mit gemischten Gefühlen auf den neuen CDU-Chef blicken. Gegen den mittigen Laschet würde der Wahlkampf deutlich schwieriger werden, als es gegen Merz der Fall gewesen wäre. Merkel hat Frauen und GroßstädterInnen für die CDU gewonnen, was entscheidend war. Das könnte auch Laschet gelingen.
Und dass Laschet ausgerechnet mit einer Bergmannsmünze die Wahl gewonnen hat, dürfte die Grünen beunruhigen. Klimapolitisch macht der neue CDU-Chef nämlich nur das, was er unbedingt muss. Schwarz-Grün unter Laschet – das wäre kein Selbstläufer.
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