Rassismus in den USA: Warum Trump Programme gegen Polizeigewalt abräumt
Der US-Präsident spielt mit Ressentiments: Wenn er Polizeigewalt weniger verfolgen will – und wenn er von einem „Genozid“ in Südafrika spricht.

F ür das Timing seiner kleinen und großen Grausamkeiten hat Donald Trump ein gutes Gespür. Es war bestimmt kein Zufall, dass seine Regierung mehrere Programme gegen rassistische Polizeigewalt einstellt, wenige Tage bevor sich die Tötung des Afroamerikaners George Floyds durch einen Polizisten zum fünften Mal jährt. In Minneapolis hatte sich der Beamte Derek Chauvin damals fast zehn Minuten lang auf Floyds Hals gekniet und ihm die Atemwege abgeklemmt. Floyd rief mehrmals: „Ich kann nicht atmen“, bevor er starb.
Das Justizministerium hatte mit der Stadt Minneapolis daraufhin eine längst überfällige Abmachung ausgehandelt, laut der der Bund rassistische Übergriffe der Polizei und Amtsmissbrauch kontrollieren konnte. Dieses Abkommen kündigt Trump jetzt auf – nicht nur für Minneapolis, sondern auch für Louisville im Bundesstaat Kentucky. In mehreren anderen Städten – darunter Memphis, Phoenix und Oklahoma City – stellt das Justizministerium außerdem noch Untersuchungen gegen Bürgerrechtsverletzungen von Polizeistellen ein.
Nach der Tötung Floyds war unter dem Motto „Black Lives Matter“ eine riesige Protestwelle durchs Land gezogen. Konservative sahen diese Demos als Gefahr für Recht und Ordnung. Dabei ging es jedoch um sehr viel mehr als um die gewaltsamen Ausschreitungen und Plünderungen mancherorts. Wenn die Rechten die Polizei als „dünne Linie“ zwischen Ordnung und Chaos feiern, dann geht es ihnen um die Aufrechterhaltung des Status quo. Und zu dem zählt, neben der langen Tradition der weißen Vorherrschaft und der Gewalt gegen Minderheiten, auch die ökonomische Benachteiligung der Schwarzen, die auf die Zeit der Sklaverei zurückgeht.
Gleichzeitig fühlen sich Rechte vom Szenario einer USA bedroht, in der die Weißen bald weniger als die Hälfte der Bevölkerung stellen, die Mehrheit also ethnisch divers ist. Und der Präsident weiß ganz genau, wie er die Ängste seiner Basis nutzen kann.
Projektion auf Südafrika
Trump spielt eine ganz ähnliche Melodie, wenn er den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa ins Oval Office einlädt, um dort den Verschwörungsmythos vom „Genozid“ an der weißen Minderheit in Südafrika auszubreiten, oder wenn er 59 weiße Afrikaaner als „Flüchtlinge“ in die USA holt. In Wahrheit sucht Südafrika mit seinen Landreformen das Unrecht aus der Apartheidzeit auszugleichen, und Trump sorgt sich nicht um weiße Farmer, sondern um die südafrikanischen Wirtschaftsinteressen seiner Oligarchenfreunde.
Bislang bleibt es auf den Straßen der USA recht ruhig – doch die nächste Protestwelle sollte niemanden verwundern.
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