Kommentar von Hannes Koch zur Stromsteuer-Entlastung: Es wäre nur gerecht
Das letzte Wort zur Stromsteuer ist noch nicht gesprochen. Erst wurde ihre Senkung für „sofort“ angekündigt, dann wieder abgesagt. Nun will der Koalitionsausschuss am Mittwoch darüber beraten. Bewegung ist in der Sache.
Tatsächlich täte die Regierung gut daran, die Entlastung bei den Stromkosten auch für Privathaushalte schnell umzusetzen. Nicht weil der Koalitionsvertrag, in dem das Versprechen drinsteht, Gesetzesrang hätte – das ist nicht der Fall. Zudem heißt es dort relativierend, alle Pläne stünden „unter Finanzierungsvorbehalt“. Allerdings handelt es sich bei der Abkehr vom Versprechen um eine Instinktlosigkeit, die sich die Parteien der Regierung gemeinsam anrechnen müssen – auch wenn UnionspolitikerInnen den Fehler vor allem SPD-Finanzminister Lars Klingbeil anlasten wollen.
Ursprünglich bestand der Regierungskonsens darin, alle Stromverbraucher zu entlasten – die gesamte Wirtschaft und Millionen Privathaushalte. Nun soll die Erleichterung zunächst nur für Industrie, produzierendes Gewerbe und Landwirtschaft gelten. Privatleute kämen einstweilen nicht in den Genuss der Reduzierung um 2 Cent pro Kilowattstunde – bei Durchschnittshaushalten vielleicht 5 Euro monatlich.
Lohnen solche Beträge die Aufregung überhaupt? Ja, denn es geht um die soziale Balance des aktuellen, mehrere hundert Milliarden Euro umfassenden Investitionsprogramms, dessen größter Teil sich an Unternehmen richtet. Angesichts dieser Dimensionen wäre es nötig, auch die BürgerInnen und KonsumentInnen unmittelbar zu entlasten.
Außerdem ist günstiger Strom eine Voraussetzung für die Transformation zur Klimaneutralität. Die Herstellung grünen Wasserstoffs, der Betrieb von Wärmepumpen und Elektroautos funktioniert mit Elektrizität. Ist diese Energie günstiger, setzen sich solche Produkte künftig eher durch, was nicht nur ökologische Vorteile bringt, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung fördert. Schließlich geht es um die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiepolitik. Der Umbau wird nicht klappen, wenn ihn sich größere Teile der Bevölkerung nicht leisten können. Günstigere Strompreise wären ein Zeichen, dass die Regierung es ernst meint mit der Klimaneutralität. Angesichts der Verschiebung der Entlastung – Zeitpunkt unbekannt – kommen Zweifel daran auf.
Laut Finanzministerium hat man bisher keine Idee, wie das 5,4-Milliarden-Loch zu stopfen wäre, das die Senkung der Stromsteuer für alle reißen würde. Klar handelt es sich um keine kleine Summe. Hier eine Anregung: Die ungefähr 5 Milliarden Euro teure Anhebung der Mütterrente kommt wohl erst 2028. Zumindest in den nächsten zwei Jahren ließen sich die hier gesparten Mittel in die Stromsteuersenkung stecken. Danach sehen wir weiter.
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