Reichsbürger-Verein: Vermeintlich harmloser Monarch
Peter Fitzeks Königreich hatte auf den ersten Blick nichts Bedrohliches. Die Untergrabung des Staates und dunkle Geldgeschäfte führten zum Verbot.

E in Fantasiekönig, ein Fantasiereich. Der selbst gekrönte „Peter der Erste“ baute ein bundesweites Netzwerk, das Königreich Deutschland, um sich selbst, den unumstrittenen Patriarchen Peter Fitzek. Nun ist es Geschichte. Der neue Bundesinnenminister, Alexander Dobrindt (CSU), erließ gegen die Reichsbürgergruppe, gegen die der Generalbundesanwalt wegen krimineller Geld- und Versicherungsgeschäfte schon eine Weile ermittelte, ein Verbot.
Dobrindt trat selbstbewusst vor die Presse, gerade so, als hätte er das Verbot der größten Reichsbürgervereinigung der Bundesrepublik selbst in die Wege geleitet. Tatsächlich dürfte die Razzia in sieben Bundesländern bei insgesamt vierzehn Objekten nicht erst seit gestern geplant gewesen sein. Das Lob gehört den vorbereitenden Zuständigen der letzten Regierung. So zeigte sich Dobrindt, auf die Strukturen des Königreichs angesprochen, auch deutlich überfragt.
Fitzek gründete sein Königreich am 16. September 2012 und machte sich selbst in Wittenberg vor rund 600 Anhängern zum Monarchen. Die Polizei nahm den ehemaligen Koch und Karatelehrer in Halsbrücke, im sogenannten Kanzleilehnsgut fest, dem neuen Zentrum des Königreichs. Der 59-Jährige ist ein Solitär in der Szene und gewann mit freundlichem und verständnisvollem Bemühen bundesweit nicht weniger als 25.000 Anhänger, versprach ihnen Glück und Geld, wenn sie ins Königreich kommen würden.
Wenig überraschend wuchs das Netzwerk gerade während der Pandemie immer stärker an. Fitzeks Anhänger spendeten Millionen, die über Strohmänner und -frauen vor allem in Immobilien flossen. Fitzek setzte stets freundlich lächelnd auf Antiautorität. Doch in seinem Königreich ließ er keine Instanz neben sich, dem Erleuchteten, zu. Offenbar plante er keine gewaltsame Revolution, aber mit der Gründung seines Reichs trieb er die Mitglieder dazu, Rechtsstaatlichkeit und Grundgesetze der Bundesrepublik nicht mehr anzuerkennen.

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Ein Katzensprung zu physischer Gewalt
Die Bewohner des Königreichs hatten eigens für sie hergestellte Pässe und Führerscheine. Es gab eine Bank und eine Gesundheitskasse. Das Verbot erfolgte folgerichtig auch wegen anhaltender Wirtschaftskriminalität, die mit einer hochpolitischen Aufladung einherging. Die Nichtanerkennung des Staats ging offenbar so weit, dass Kinder per Hausgeburten zur Welt gekommen sind, die gar nicht erst bei den offiziellen Meldestellen registriert wurden.
Die Krönung und Reichsgründung mit Hymne und Fahne mag für sich genommen nicht bedrohlich erscheinen. Aber die Radikalität und die Untergrabung des Staates und seiner Rechtsgrundlagen ist gefährlich. Dass der Weg von hier zu konkreter Gewalt nicht weit ist, zeigt die Tatsache, dass Fitzek selbst einmal gegenüber einer Beamtin handgreiflich geworden ist.
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