Kommentar (vgl. Nachrichten-Spalte): So ist Politik
■ Heute bekommt die CDU ihren Posten für Wilhelms, morgen die SPD ihre Räume für den Häfenressort-Umzug
Wenn Politiker sich über Politikverdrossenheit in der Bevölkerung beklagen, sollten sie sich an die eigene Nase fassen. Ende dieser Woche wird in Bremerhaven ein Lehrstück für den Politikunterricht aufgeführt: Am Donnerstag stimmen SPD-Leute im Aufsichtsrat der Fischereihafen-Betriebs- und Entwicklungsgesellschaft kommentarlos und zähneknirschend zu, wie ein verdientes CDU-Mitglied, das Fischexperte ist, zum Geschäftsführer für den technischen Bereich einer staatlichen Gesellschaft gemacht wird. Und am Freitag stimmen die CDU-Vertreter im Grundstücksausschuß zähneknirschend einer Sache zu, die die CDU über Wochen erfolgreich hingehalten und verschleppend beinahe verhindert hätte: der Anmietung von Räumen für den Umzug des Häfenressorts.
Es liegt auf der Hand, daß beide Vorgänge zu einem „Paket“verschnürt wurden, wie der Fachausdruck in der Politik heißt. Das steht in keinem Protokoll und keiner wird das offen zugeben. Trotz des großen Kartells des Schweigens gibt es doch hin und wieder einzelne wie Heinz Wenke, die keine Karriere mehr machen wollen und sich den Mund nicht verbieten lassen. Damit der Zusammenhang aus berufenem Munde einmal ausgesprochen und eingeräumt wird.
Daß er empört ist und frei redet, tut gut, aber so funktioniert eben Politik. Über die Sache braucht man dann nicht mehr zu reden.
Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen