Kommentar palästinensische Autonomiebehörde: Ein Feigenblatt fällt ab
Bittere Ironie: Erst mit seinem angekündigten Rückzug sorgt Mahmud Abbas wieder für Bewegung im nahöstlichen Politgeschehen.
E rst mit seinem angekündigten Rückzug sorgt Mahmud Abbas wieder für Bewegung im nahöstlichen Politgeschehen. Das ist die bittere Ironie am Ende der fünfjährigen Amtszeit des glücklosen Palästinenserpräsidenten. Man braucht keinen palästinensischen Verhandlungspartner, wenn es nichts zu verhandeln gibt, so Abbas Botschaft. Das späte Eingeständnis ist treffend, denn die Zwei-Staaten-Lösung ist perdu. Israels Siedlungsbau - von den USA kritisiert, aber nicht sanktioniert - macht einen Palästinenserstaat unmöglich. Ein paar Autonomieenklaven, die den Palästinensern weniger Bewegungsfreiheit lassen als einst den Schwarzen in Südafrikas Bantustans, kann niemand ernsthaft als Friedenslösung verkaufen - nicht einmal Abbas.
Israel und das Nahostquartett verlieren damit ihr palästinensisches Feigenblatt. Manche Palästinenser fordern jetzt sogar eine Auflösung der ganzen Autonomiebehörde. Denn zu oft sahen sich deren Verantwortliche zuletzt in die Rolle eines Quisling-Regimes der israelischen Besatzungsmacht gedrängt.
Um dem zu entkommen, verfolgt Premier Salam Fajad seit Monaten den Aufbau palästinensischer Institutionen, die nach einer Unabhängigkeitserklärung staatliche Funktionen übernehmen könnten - ganz nach dem Vorbild der zionistischen Organisationen vor Israels Staatsgründung. Die neuerliche Proklamation eines Staates Palästina in den Grenzen von 1967 will die palästinensische Führung dann vom UN-Sicherheitsrat billigen lassen.
Die Oslo-Vereinbarungen wären damit Makulatur. Verhandelt werden müsste dann auf einer Grundlage, die eine direkte Zwei-Staaten-Lösung wieder ins Spiel bringt. Im UN-Sicherheitsrat findet die Idee durchaus Anklang. Israels Premier Netanjahu will die US-Regierung deshalb auf ein Veto gegen eine solche Resolution einschwören. Wieder einmal liegen die Würfel in Washington.
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