Kommentar biologische Väter: Vater bleibt, wer sich kümmert
Das Kabinett beschließt einen Gesetzentwurf, mit dem die Rechte biologischer Väter gestärkt werden. Eltern sollten ihren Kindern mehr zutrauen.
W as ist gut fürs Kindeswohl? Zuallerst, dass es Menschen gibt, die sich liebevoll um das Kind kümmern. Auch heute noch sind das zumeist eine Mutter und ein Vater. Aber was, wenn ein Kind plötzlich zwei Väter hat – einen leiblichen und einen sozialen? Welcher Vater ist dann der „richtige“?
Bislang war das Familienrecht hier eindeutig: derjenige, der mit der Mutter verheiratet ist. Die Eheleute sind die rechtlichen Eltern und dürfen bestimmen, was mit dem Kind passiert. Und sie können den Kontakt mit dem biologischen Vater verweigern.
Dass dieses starre Gesetz jetzt aufgeweicht wird, ist ein Fortschritt. Nicht nur für die an dieser Stelle rechtlosen Väter. Sondern in erster Linie für die betroffenen Kinder. Aus Psychologie und Wissenschaft ist nämlich bekannt, dass Kinder spüren, wenn in der Familie „etwas nicht stimmt“. Sie können es nicht benennen, aber sie ahnen, dass im Elternverhältnis etwas anders ist, als die Erwachsenen es vorgeben.
ist geschlechterpolitische Redakteurin der taz.
Die Adoptionsforschung beschreibt das als „Suche nach den eigenen Wurzeln“. Ohne das Wissen um ihre (biologische) Herkunft fällt es Menschen schwerer, die eigene Identität auszubilden. Verantwortungsbewusste Eltern erklären ihren Kindern also ohnehin irgendwann, welcher Mann welche Rolle spielt – und lassen Kontakt zum leiblichen Vater zu.
Andere Forschungen besagen, dass Kinder eine eindeutige Orientierung brauchen. Zu viele Personen, die sich kümmern (wollen), können Kinder verwirren und verunsichern. Aber Abstammungskenntnis und Orientierungsdrang schließen sich nicht aus. Im Gegenteil, sie bedingen einander: Wer weiß, woher er kommt, findet sich im Leben besser zurecht als jemand, der hauptsächlich damit beschäftigt ist, sich selbst zu suchen.
Unabhängig davon sollten Eltern ihren Kindern mehr zutrauen. In der Regel erkennen Kinder die Erziehungsleistung des sozialen Vaters an und stellen diese über den Kontakt zum leiblichen Vater.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht