Kommentar anonyme Sprechstunden: Minimale Verbesserung
Eine richtige Gesundheitsversorgung kann nur ein anonymer Krankenschein leisten, mit dem Flüchtlinge zum Arzt gehen können wie alle anderen auch.
E ine „anonyme Sprechstunde oder einen anonymen Krankenschein“ verspricht die Dänenampel, um so die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen ohne Aufenthaltserlaubnis zu verbessern. Das ist löblich, aber es ist abzusehen, dass sich Schleswig-Holstein wie Bremen und Berlin für die Sprechstunde entscheiden wird. Die ist billiger – für die Betroffenen ändert sich wenig.
Anonyme Sprechstunden gibt es bereits. Neu wäre ihre finanzielle Absicherung durch die öffentliche Hand. Gleich bliebe, dass die Flüchtlinge nicht selbst wählen können, zu welchem Arzt oder Ärztin sie gehen. Und: Die Hemmschwelle, solche Sprechstunden aufzusuchen, ist nach wie vor hoch. Das zeigen Erfahrungen aus Bremen, das sich 2008 gegen den anonymen Krankenschein entschieden hat und seitdem eine Sprechstunde am Gesundheitsamt anbietet.
Vor allem Schwangere nutzen dieses Angebot. Sie müssen weniger Angst vor Abschiebung haben, da sie zumindest im Mutterschutz davor geschützt sind und abhängig vom Status des Kindsvaters nach der Geburt eine Aufenthaltserlaubnis bekommen können. Andere schleppen sich erst dann zum Arzt oder gleich ins Krankenhaus, wenn nur der Tod noch schlimmer als die Abschiebung erscheint. Mit Prävention hat eine solche Gesundheitsversorgung nichts zu tun.
Das kann nur ein anonymer Krankenschein leisten, mit dem Flüchtlinge so zum Arzt gehen können wie alle anderen auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!