Kommentar Zumwinkel-Prozess: Korrekter Deal
Der Fall Zumwinkel ist kein Grund, ein Verbot von Prozess-Absprachen zu fordern. Nun kann der Prozess nach zwei Tagen abgeschlossen werden. Ein längeres Verfahren brächte keinen Vorteil.
D as passt doch gut: Gerade bringt die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg, das Absprachen im Strafprozess regeln soll. Und am Donnerstag beginnt der Prozess gegen den ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel, der am Montag mit einem "ausgedealten" Urteil enden wird. Ganz deutlich wird dabei, dass es Deals schon heute gibt und sie keine Folge des geplanten Gesetzes sind.
Der Fall Zumwinkel ist kein Grund, ein Verbot solcher Absprachen zu fordern. Weil keine große Beweisaufnahme erforderlich ist, kann der Zumwinkel-Prozess so schon nach zwei Verhandlungstagen abgeschlossen werden. Stünde Zumwinkel länger vor Gericht, wäre der Gerechtigkeit auch nicht mehr gedient. Dann würde all das durch Zeugen bewiesen, was der Angeklagte nun gleich zu Beginn gesteht. Wo ist der Unterschied?
Dass Zumwinkel vermutlich mit einer Bewährungsstrafe davonkommt, ist angemessen. Er ist nicht vorbestraft, hat eine gute Sozialprognose - und die hinterzogenen Steuern der letzten zehn Jahre hat er nachbezahlt. Außerdem hat ein Geständnis schon immer zu Strafmilderungen geführt. Ohne "Deal" hätte Zumwinkel deshalb wohl auch keine höhere Strafe gedroht.
Wenn ein solcher Deal korrekt abläuft - und dafür will die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf sorgen -, dann wird dabei auch nichts Entscheidendes unter den Tisch gekehrt. Dem Kern der Vorwürfe müssen die Ermittler auf jeden Fall nachgehen. Darauf kann die Staatsanwaltschaft auch kaum verzichten. Denn wenn sie nichts in der Hand hat, wird der Angeklagte in der Regel auch kein Geständnis ablegen.
Dass Zumwinkel gute Anwälte an seiner Seite hat, erhöht sicher die Bereitschaft des Gerichts zu einem Deal, denn gute Anwälte können ein Verfahren sonst kunstvoll in die Länge ziehen. Aber dass reiche Angeklagte sich teurere (nicht immer bessere!) Anwälte leisten können, ist kein spezielles Problem des Deals. Im Gegenteil: Je länger der Strafprozess dauert, desto mehr kosten die Star-Anwälte. Ein Deal dagegen macht den Prozess auch für den Angeklagten billiger.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft