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Kommentar Zulassung von RiesenlasternGiga-Lkw sind ein logistischer Fehler

Kommentar von Richard Rother

Nur weil damit Sprit gespart wird, ist der Einsatz von Lang-Lkw kein ökologischer Vorteil. Sinnvollerweise sollte der Gütertransport auf die Schiene.

Überlastete Autobahnen, hier am bayerischen Hirschenberg. Und jetzt kommen auch noch „Gigaliner“ Foto: ap

A uf den ersten Blick ist die Logik der Logistiker bestechend: Wenn drei Lkw durch zwei ersetzt werden können, um die gleiche Ladung zu transportieren, dann ist dies umweltfreundlicher. Weil weniger Diesel verbraucht wird, weniger Lärm entsteht und letztlich weniger Fahrzeuge hergestellt werden müssen. Auf den zweiten, langfristigen Blick aber geht diese Rechnung nicht auf. Und deshalb ist die Entscheidung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), seit diesem Jahr Lang-Lkw im Regelbetrieb auf deutschen Straßen zuzulassen, schlicht und einfach falsch.

Der wesentliche Vorteil für Spediteure, Lang-Lkw einzusetzen, ist nämlich kein ökologischer, sondern ein ökonomischer, genauer: ein personalpolitischer. Zwei Lkw-Fahrer sind billiger als drei Lkw-Fahrer; und weil die Branche ohnehin Nachwuchssorgen hat, kommt ihr die Zulassung der sogenannten Gigaliner gelegen.

Und das ist die Krux: Durch das Senken der Personal- und weiterer Kosten der Spediteure wird der Lkw-Verkehr noch attraktiver, während die Güterbahnen das Nachsehen haben. Auch wenn es eine Illusion ist, sämtlichen Güterverkehr auf Schienen und Kanäle verlagern zu wollen – es ist verkehrt, die Laster auf Kosten der anderen Verkehrsträger weiter zu bevorzugen.

Zudem verursachen die Riesenlaster zusätzliche Infrastrukturkosten, die der Staat aufbringen muss: Parkplätze und Nothaltebuchten müssen künftig angepasst werden. Außerdem steht zu befürchten, dass langfristig das zulässige Gesamtgewicht für Lang-Lkw, das derzeit das gleiche ist wie für normale Laster, angehoben wird – um den Vorteil der Riesenlaster ganz auszuspielen, wie es bereits in Schweden der Fall ist. Dann werden Straßen und Brücken, denen vor allem der Lkw-Verkehr zusetzt, noch brüchiger. Schon jetzt gibt es einen hohen Sanierungsstau in Deutschland; schwerere Fahrzeuge verschärfen das Problem.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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6 Kommentare

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  • "Dann werden Straßen und Brücken, denen vor allem der Lkw-Verkehr zusetzt, noch brüchiger. Schon jetzt gibt es einen hohen Sanierungsstau in Deutschland; schwerere Fahrzeuge verschärfen das Problem."

     

    Unwahrscheinlich. Die Gigaliner haben sieben statt fünf Achsen. Das heißt, sie sind bei gleicher Ladung (44t) um ein vielfaches (Viertes-Potenz-Gesetz) leichter, wenn es um Schäden an Straßen und Brücken geht. Selbst wenn man das zulässige Gewicht auf 60t erhöht (mehr kriegen die nicht hin), bleibt der Vorteil der geringen Achslast, auch wenn er dann nicht mehr ganz so groß wäre.

     

    Wie viele Lkw-Fahrer würden eigentlich arbeitslos, wenn mehr Güterzüge mit einer Länge von über 700 Metern dutzende Container transportieren würden? (Natürlich eine rhetorische Frage)

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Solche Überlegungen kennen auch Dobrindt und seine Kumpels. Doch sie ignorieren sie. Die Automobillobby lässt grüßen, vielleicht sagt man besser, sie lässt höhnen. Umweltschutz war nie ein Thema für die CSDU, Schutz der Menschen schon gar nicht - es sei denn, der Schutz erstreckt sich auf Profite. Die Nächstenliebe dieser "Christen" ist im Alten Testament steckengeblieben, bei der Geschichte von dem Goldenen Kalb.

  • Die Argumentation ist leider nicht ganz schlüssig. Natürlich ist es besser, nur mit zwei Lkw zu fahren, als drei fahren lassen zu müssen. Und zwei Lkw brauchen auch nicht mehr Parkplätze als drei. Und im Moment ruinieren 3 Lkw eher die Brücken, da 3 Lkw mit je 12t Ladung um die 81t wiegen und 2 Lang-Lkw mit je 18t Ladung auf gerade mal 70t Gesamtgewicht kommen.

     

    Das Argument mit der Schiene ist in diesem Falle so stichhaltig, als würde ich den PKW-Bauern sagen, es wäre falsch, Autos mit geringerem Verbrauch zu bauen, weil die Leute mit der Straßenbahn fahren sollten.

    • @Rolf-rolf:

      Ihr Argument ist irgendwie verdreht. Siehe nochmal hier: "Durch das Senken der Personal- und weiterer Kosten der Spediteure wird der Lkw-Verkehr noch attraktiver, während die Güterbahnen das Nachsehen haben." - Genau. Es geht darum, noch mehr Verkehr auf den Straßen zu haben, die eh schon überlastet sind. Und die PKW werden übrigens nicht überflüssig, wenn mehr Leute mit der Straßenbahn fahren. Hab nämlich mal gehört, es gibt da so eine AUTOBAHN, wo PKW ganz schnell über weite Strecken fahren, wenn nicht grade Stau ist. Und es gib sogar Leute, die fahren mit dem PKW bis zum Bahnhof, lassen da ihr Auto stehen und fahren mit der Bahn weiter in die Stadt. Für den Güterverkehr gibts übrigens ähnliche Möglichkeiten, die auf jeden Fall ökologischer sind als Giga-Liner.

  • "es ist verkehrt, die Laster auf Kosten der anderen Verkehrsträger weiter zu bevorzugen"

    Worin, bitte, besteht die Bevorzugung?

  • Das "Nachwuchsproblem" ist, daß für den Lohn nur Ausländer arbeiten, die von Wechselkursen profitieren.