Kommentar Wind- und Atomkraft: Wasser den Berg hinauf
Die Atomwirtschaft versucht, ihren Strom jederzeit ins Netz drücken zu können - und sei es, um Wasser zu pumpen.
D er Ausbau der Windkraft erfordere den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken, um für ausgleichend Strom zu sorgen, so heißt es. Bei starkem Wind pumpen die Anlagen Wasser den Berg hinauf und verbraten dabei überzähligen Strom. Bei Flaute jagen sie das Wasser wieder über die Turbinen hinunter. Klingt plausibel.
Bernward Janzing ist studierter Geowissenschaftler und arbeitet als freier Journalist in Freiburg. Der Klimawandel und die effiziente - und kostensparende - Nutzung von Energie zählen seit Jahren zu den Schwerpunkten seiner Arbeit.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Fakt ist: Windkraft in großem Stil und Atomkraft passen technologisch nicht zusammen. Wo beides aufeinander trifft, braucht man einen Ausgleich - zum Beispiel Pumpspeicherwerke. Folglich kann man mit der gleichen Berechtigung, wie derzeit die Windkraft als Grund für die Baupläne im Hotzenwald herhalten muss, auch die Atomkraft als Grund nennen: Hätte man nämlich flexible Gaskraftwerke statt unflexibler Atomkraftwerke am Netz, bräuchte man die neuen Staubecken nicht.
Vor zwei Wochen etwa blies der Wind in Deutschland so stark, dass der Strom morgens im Großhandel der Strombörse zu negativen Preisen "verkauft" wurde. Denn die Atomkraftwerke speisten ungerührt mehr als 13.000 Megawatt ein und schufen damit einen Überschuss. Weil es nicht möglich ist, die Meiler kurzfristig deutlich runterzufahren, legten die Erzeuger den Abnehmern des überflüssigen Stroms sogar noch einen Zehntel Cent pro Kilowattstunde drauf.
Unabhängig von atomaren Risiken und der ungeklärten Entsorgung des Atommülls: Auch aus technischer Sicht ist Atomkraft mit einem modernen - also regenerativ geprägten - System der Stromerzeugung nicht kompatibel. Und da die Windkraft nicht mehr aufzuhalten ist, brauchen wir flexible Kraftwerke, die gegenläufig zu den erneuerbaren Energien gefahren werden können.
Vor diesem Hintergrund muss die Debatte um die Pläne der Schluchseewerke geführt werden. Der schwerwiegende Eingriff in die Natur des Südschwarzwalds ist nicht der Tribut an eine ökologische Stromwirtschaft. Sondern der verzweifelte Versuch der Atomwirtschaft, ihren Strom jederzeit ins Netz drücken zu können - und sei es, um Wasser zu pumpen.
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