Kommentar West-LB: Überforderter Finanzminister
Am Tag des Rücktritts von Bank-Chef Hilgert versinkt die WestLB im Chaos. Mitschuld daran trägt der passive NRW-Finanzminister Linssen.
Ausgerechnet an dem Tag, als WestLB-Chef Heinz Hilgert zurücktrat, als in der Landeshauptstadt Düsseldorf Chaos ausbrach, war Nordrhein-Westfalens Finanzminister Helmut Linssen ins beschauliche Kleve am Niederrhein geflüchtet. Statt nach einem Ausweg aus der Führungskrise der einstigen Landesbank zu suchen, gab der Christdemokrat bei der Bäckerinnung den Ehrengast. Vor den geschätzten Handwerkern räsonnierte Linssen über Steuern und Schulden - und räumte ein, dass ihm der Überblick fehlt: "Wir fahren auf Sicht."
Keinen Durchblick hat Linssen auch in Sachen WestLB. Bereits vor vier Jahren hat das Institut seine Aufgabe als Landesbank verloren. Seitdem steht die Bank ohne schlüssiges Geschäftsmodell da - und verspekulierte sich prompt mit hochrisikoreichen Papieren, für die das Land zusammen mit Sparkassen und Kommunen mit 5 Milliarden Euro bürgen musste. Verantwortlich zeichnete: Helmut Linssen. Nach diesem Desaster war eine Fusion mit der hessischen Landesbank Helaba oder der baden-württembergischen LBBW im Gespräch. Linssen aber tauchte ab, bis die EU in der vergangenen Woche den Verkauf und die Halbierung der Bilanzsumme der WestLB bis 2011 verfügte.
Doch selbst nach dieser letzten Warnung unternahm der Minister - nichts. Den Unwillen der Sparkassen, mit weiteren 5 Milliarden Euro zu bürgen, ignorierte er offenbar ebenso wie Rücktrittsdrohungen Hilgerts. Der versichert, Linssen vorzeitig von seinem Abgang informiert zu haben. Ob unfähig oder einfach nur amtsmüde: Nordrhein-Westfalens Finanzminister wird zu einer immer größeren Belastung für CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Linssens Ablösung gilt deshalb schon heute als sicher. Fraglich ist nur, ob er noch bis zu den Landtagswahlen 2010 durchhalten muss.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart