Kommentar Werbeallianz Verlage: Beide Augen zugedrückt
Eine zentrale Agentur soll Werbung in Regionalblättern besser organisieren. Damit entsteht ein enormer Druck im Verlagsgeschäft.
I n der Krise rücken Menschen noch enger zusammen. Das tun – und das ist ein kleines Wunder – nun auch die Zeitungsverlage. Seit Dienstag kann ein Unternehmen, das Werbung in Regionalblättern schalten will, dies über eine zentrale Agentur machen. Die Anzeige erscheint dann in 40 Regionalzeitungen von acht Verlagsgruppen.
Die Kooperation macht aus Sicht der Verlage Sinn. Wer bisher bundesweit werben wollte, musste sich entweder mühselig von einer Anzeigenabteilung zur nächsten schleppen, Preise und Rabatte aushandeln – oder ging gleich zum Fernsehen oder ins Internet. Dazu schafft der Zusammenschluss nun ein Gegengewicht.
Doch in der Krise scheint auch ein dritter Akteur näher heranzurücken ans wärmende Feuer aus gedruckten Zeitungen: das Bundeskartellamt. Nach einer Vorprüfung winkten die Aufseher die neue „Medienhaus Deutschland“ genannte Vermarktungsallianz flugs durch.
ist Medienredakteur der taz.
Dabei entsteht durch den Zusammenschluss ein enormer Druck auf die Wettbewerber: Von knapp 13 Millionen Regional- und Lokalzeitungen, die täglich verkauft werden, kann Medienhaus Anzeigen in 5 Millionen dieser Blätter organisieren – und die Preise bestimmen. Regionalzeitungen, die außen vor sind, werden es zukünftig noch schwerer haben, bundesweite Werbekampagnen auch in ihren Zeitungen stattfinden zu lassen. Und die Medienhaus-Verlage haben ja noch Dutzende Zeitungen in der Hinterhand, die sie gar nicht in das Gemeinschaftsprojekt einbringen.
Beim Fernsehen scheinen die Wettbewerbshüter genauer hinzuschauen: 2011 untersagte das Kartellamt den Aufbau einer gemeinsamen Online-Mediathek von RTL und ProSiebenSat1. Zu Recht. Denn Marktbeherrschung muss verhindert werden, auch wenn eine Branche noch so krisengeschüttelt sein mag.
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