Kommentar Weltklimabericht: Und sie schmelzen doch
Der Weltklimarat legt die wissenschaftlichen Grundlagen für die Klimakonferenzen. Sein Fehler darf nicht klein geredet werden, denn er bestärkt Klimaskeptiker.
Der Weltklimarat IPCC kann in seiner Bedeutung nicht überschätzt werden. Bei ihm werden die Daten und Prognosen der weltweit führenden Wissenschaftler zusammengefasst, das Wissen der Welt über den Klimawandel fließt in dem UN-Gremium in Genf zusammen. Hier werden die wissenschaftlichen Grundlagen für die Klimakonferenzen gelegt und die Argumente der Klimaskeptiker stets aufs Neue entkräftet. Völlig zu Recht wurde die Arbeit des Gremiums deswegen 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Daran ändert auch die jetzt bekannt gewordene Schlamperei mit Blick auf die Prognosen zu den Gletschern im Himalaja nichts. Keine Frage: Dass ein halbgares Statement eines vermeintlichen Experten journalistisch verzerrt über einen Bericht einer Umweltorganisation ungeprüft in den aktuellen Report übernommen wurde, ist ein schwerer handwerklicher Fehler, der nicht kleingeredet werden darf. Der IPCC hat seine eigene hohen Ansprüche an wissenschaftliche Arbeit nicht eingehalten. Das darf sich nicht wiederholen, denn zu groß ist die Schar derer, die den Klimawandel und seine dramatischen Folgen leugnen und so eine konsequente Klimaschutzpolitik blockieren. Dass der IPCC diesen Fehler nicht selbst bemerkte und auch auf Hinweise nur langsam reagierte, stärkt seine Gegner natürlich noch. Für den in Arbeit befindlichen fünften Bericht muss dies eine dringliche Warnung sein.
Stephan Kosch ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Dennoch gibt es keinen Grund, an den Kernaussagen der Wissenschaftler zu zweifeln. Auch nicht, was das Schmelzen der Gletscher angeht. Denn in den entscheidenden Passagen stützen sich die Wissenschaftler eben auf fundierte und abgesicherte Daten. Und die zeigen, dass die Gletscher schmelzen und damit die Wasserversorgung von Millionen Menschen bedroht ist.
Dabei handelt es sich nicht um wacklige Zukunftsprognosen, sondern um absehbare Bedrohungen. In den vergangenen 20 Jahren hat der jährliche Schneefall im Himalaja kontinuierlich abgenommen. Das hat Auswirkungen auf den Wasserstand des Indus, der in Pakistan die künstliche Bewässerung von Feldern sichert. Den Landwirten in dieser Region dürfte es egal sein, ob in einem 2.500 Seiten starken Bericht eine falsche Zahl auftaucht. Sie brauchen eine wirksame Politik zu Begrenzung des Klimawandels. Und dafür ist ein Gremium wie der Weltklimarat unverzichtbar.
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