Kommentar: Wechsel an der Berliner CDU-Spitze: Wenig Hoffnung auf Veränderung
Ingo Schmitt tritt ab
Er gibt also den Huber und den Beckstein, der Schmitt. Endlich weg der Mann, mit dem es nicht mehr weitergehen konnte. Bayrische Verhältnisse also auch in der Berliner CDU? Nicht ganz. Oder genauer: Gemeinsam ist CSU und Berliner Union nur der bloße Rücktrittsakt. Ansonsten nämlich haben die Konservativen in München alles, was ihren Berliner Kollegen in der Krise abgeht: den machtbewussten Sympathieträger Horst Seehofer als Stand-by-Nachfolger und die Hoffnung auf Besserung.
All das fehlt der Berliner Union. Hier gibt es eben keinen charismatischen unverbrauchten Hoffnungsträger auf Abruf. Es gibt keinen Seehofer, der schon vor einem Jahr an die Spitze wollte und bis jetzt nur darauf wartete, dass die anderen es nicht packen. Es gibt bis jetzt keinen, der nicht nur krittelt, sondern nach der Macht greift, wenn sie wie jetzt auf der Straße liegt.
Berlins CDU hat bloß die üblichen liberalen Verdächtigen, die immer in Momenten der angeblichen inhaltlichen Erneuerung gefragt werden und immer wieder abwinken. Das war 2002 nach dem Abgang des langjährigen CDU-Frontmanns Eberhard Diepgen so, als der liberale Flügel nur hätte zugreifen müssen, es aber nicht tat. Und das war in ersten Reaktionen auch gestern so.
Wen es noch gibt, ist der neue Fraktionschef Frank Henkel, der zwar noch nicht laut nach dem Posten ruft, aber auch nicht dementiert. Auf ihn deutet deshalb viel als neuen Parteichef hin. Das wäre zwar wegen der Bündelung zweier Posten Methode Seehofer, aber ansonsten bloßes "Weiter so!". Schließlich war Henkel bis vor drei Wochen noch Schmitts Generalsekretär und damit sein engster Helfer in der Partei.
Was der CDU gegenüber der CSU aber vor allem fehlt, ist die Hoffnung auf Besserung - und sei es nur auf die Qual der Wahl. Doch wo soll diese Hoffnung herkommen? Die Union kommt in einer jüngsten Meinungsumfrage nur noch auf 18 Prozent - kaum mehr, als die CSU am Sonntag verloren hat.
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