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Kommentar Wahlergebnis in GriechenlandEin Wechsel ist möglich

Kommentar von Jannis Papadimitriou

Das Bündnis der „Radikalen Linken“ ist der eigentliche Sieger der Wahl in Griechenland. Das eröffnet die Chance einer Koalition aller linken Kräfte.

W enn die Mittelklasse verschwindet, dann müssen auch ihre Volksvertreter ein Schattendasein fristen. Mit dieser Wahrheit sind die beiden großen Traditionsparteien in Griechenland seit Sonntag sehr deutlich konfrontiert.

Die historische Wahlschlappe für Neue Demokratie und Pasok lässt sich nicht nur als Verzweiflungsreaktion der Wähler auf die Steuererhöhungen und Sozialkürzungen der vergangenen zweieinhalb Krisenjahre zurückzuführen. Für viele Griechen war es auch eine grundsätzliche Abrechnung mit den Missständen des Parteiensystems, die noch viel deutlicher hätte ausfallen können: Immerhin scheiterten vier Splitterparteien relativ knapp an der in Griechenland geltenden Drei-Prozent-Hürde.

Der eigentliche Sieger dieser Wahl heißt Alexis Tsipras, Vorsitzender der „Radikalen Linken“ (Syriza) und künftiger Oppositionsführer, vielleicht sogar Koalitionspartner. Anders als der Name zunächst vermuten lässt, ist die „Radikale Linke“ relativ gemäßigt und viel offener als etwa die orthodoxe Kommunistische Partei KKE. Selbst eine vorübergehende Regierungsbildung mit den Konservativen wäre Syriza zuzutrauen.

JANNIS PAPADIMITRIOU

ist taz-Korrespondent in Athen.

Doch bevor sich die Athener Linken auf eine solche Vernunftehe einlassen, sollten sie erst einmal ihrem Herzen folgen und die Möglichkeiten einer Koalition aller linken politischen Kräfte ausloten. Im Moment ist ein solches Bündnis vor allem deswegen nicht möglich, weil die in Frage kommenden Parteien vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen, weil sie über Streitigkeiten und Personaldebatten stolpern.

Syriza-Chef Tsipras ist nach der Wahl ausdrücklich auf die Option einer linken Koalition eingegangen und hat dabei auch immer wieder das Wort „Europa“ in den Mund genommen. Dahinter darf man nicht nur politischen Instinkt vermuten, sondern auch sanften Druck der europäischen Linken auf die möglichen Partner im eigenen Lager.

Was wäre von einem solchen Bündnis zu erwarten? Syriza würde vor allem auf Konfrontationskurs zu den internationalen Geldgebern Griechenlands gehen. Eine Vorahnung konnte man im Wahlkampf bekommen: Die Drohung des deutschen Finanzministers, die Griechen „hätten mit Konsequenzen zu rechnen“, falls sie nicht das gewünschte Wahlergebnis lieferten, war eine Steilvorlage für Tsipras: „Wir antworten Herrn Schäuble, dass Griechenland eine neue Regierung bekommt. Das Land wird von Menschen regiert werden, die nicht auf den Bestechungslisten von Siemens stehen.“

Nach dem Ergebnis vom Sonntag wäre ein solcher Wechsel in Athen nun tatsächlich möglich. Es liegt an den linken Parteien, diese Chance nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.

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7 Kommentare

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  • G
    Gigabell

    Ähnlich wie bei der Mexicokrise 87-88 wird es nur

    über Zero-Bonds gehn und einem " Sabbatjahr " in dem Schulden total gestrichen werden , denn niemand

    kann den Gürtel enger schnallen , der keinen mehr hat.

    G. ist der Lakmustest für die europ. Solidarität.

  • KS
    Karl Sonneschein

    Es wird sehr schwierig aber theoretisch waere es moeglich, allerdings mit einer Koalition aus

    Syriza, Demokratische Linke, Pasok und Nea Demokratia. Alle Pro Europa und Pro Euro, jedoch will Syriza ein Schuldenmemorandum und einen Zahlungsaufschub, was ja im Prinzip richtig ist.

     

    Man koennte eine auf ein oder zwei Jahre begrenzte Regierung bilden mit dem obersten Ziel einer umfassenden Wahlrechtsreform und der Umsetzung von Strukturreformen in der sich alle vier Parteien einig sind.

     

    So oder so wird Griechenland lernen muessen in Koalitionen zu regieren, auch wenn das den meisten Parteien nicht passt.

     

    Die Nea Demokratia muesste als positive Geste auf einen Teil der 50 geschenkten Sitze verzichten da sie jedweder Logik entbehren. Allerdings ist zu bezweifeln das Samaras diese Groesse aufbringt.

     

    Ansonsten gibts halt bald wieder wahlen und vielleicht gehts dann ganz ohne Samaras.

  • M
    Martin

    Welche linke Mehrheit?

    Zwar haben die linken Parteien, welche in das Parlament ziehen, mehr als 44 % und damit die Mehrheit der Stimmen erhalten, jedoch nicht die Mehrheit der Sitze. Wegen dem 50-Sitze Bonus für die stärkste Partei, Nea Dimokratia, erhalten alle linke Parteien lediglich 138 der 300 Sitze.

    Deswegen ist wohl kein "rein linker" Wechsel möglich...

  • PE
    Pablo Esuarqa

    Lebt Euer Korrespondent wirklich in Athen oder vielleicht doch hinterm Mond? (Sorry, Jannis) Sonst wüsste er nämlich, dass das linke Bündnis schon rein rechnerisch nicht möglich ist, weil die linken Parteien, selbst unter Einschluss der Stalinisten, keine Mehrheit im Parlament haben.

     

    Außerdem sieht das hierin dringend reformbedürftige griechische Wahlrecht vor, dass die erste Partei 50 Sitze zusätzlich bekommt. Das war solange kein großes Problem, wie die erste Partei bei 35-45 landete. Jetzt wird die Ungerechtigkeit aber wirklich schreiend: mit nur zwei Prozent Unterschied hat die erstplatzierte konservative ND mehr als doppelt soviele Sitze wie die Zweiten von Syriza, und mit nur knapp 19 Prozent ein Drittel der Sitze.

  • N
    name

    das hier beschriebene ist rechnerisch nicht möglich. nd erhält trotz verlusten als knapp stärkste partei 50 zusatzsite. anders sähe es aus, hätte syriza 2,1 % mehr geholt.

  • C
    Celsus

    Bist heute wird der grieichische Staat doch geschröpft. Da sind neben den hohen Ausgaben für die Staatsbediensteten, die mit am wenigsten litten, noch die Ausgaben für Einkäufe in Deutschland. Niemals haben Deutsche und Franzosen als die Aufseher und "Vormünder" Griechenlands auch nur die Waffenienkäufe in Deutschland unterbunden. Wahrlich mit einer Dimension vom Feinsten. Das kleine Griechenland ist in Europa doch glatt einer der wichtigsten oder gar immer noch der wichtigste Kunde des Waffenrekordexporteurs Deutschland.

     

    Die Waffenschmieden im Süden Deutschlands machen gute Geschäfte und im Notfall springt der europäische Steuerzahler und damit der deutsche Steuerzahler ein. Ein Wechsel in der griechischen Politik kann der Kanzlerin soviel zu schaffen machen wie der Wechsel in Frankreich. Die Schuldkechtschaft Europas ist kein intelligentes Projekt. Die Seifenblase muss irgendwann explodieren. So wie das bei Lehman Brothers schon der Fall war.

     

    Das ist eine Politik, die auf Sand und nicht auf lange Zukunft plant.

  • A
    Alex

    Die vier mehr oder weniger linken Parteien haben keine Mehrheit, nur 138 Sitze von 300.