Kommentar Wahlen in Israel: Israel rückt wegen Hamas zusammen
Die Hamas hat nicht nur den Rechten in Israel den Weg zur Macht freigemacht. Auch eine stabile Koalition ist jetzt möglich.
I srael hat rechts gewählt und reagierte damit auf die Radikalisierung der Palästinenser. Drei Jahre nach dem Wahlsieg der Hamas hat Israels Linke keine Chance mehr, eine Mehrheit zu gewinnen. Jede Rakete, die aus dem Gazastreifen auf Israel abgeschossen wurde, stärkte die kompromisslosen Politiker.
Susanne Knaul ist Israel-Korrespondentin der taz.
Sollten sich Israels Parteiführer dem Wunsch der Mehrheit ihres Volkes beugen, wird es bald eine Regierung der nationalen Einheit geben. Sie würde das ganze Spektrum von rechtsliberal bis rechts beziehungsweise rechtsradikal abdecken - je nachdem, ob Avigdor Lieberman mit von der Partie ist. Die Unterschiede zwischen Likud und Kadima dagegen sind nicht so groß. Schließlich ging die Kadima einst, unter Expremier Ariel Scharon, aus dem Likud hervor. Die Spaltung folgte dem einseitigen Abzug aus dem Gazastreifen und dem Plan, den schrittweisen einseitigen Rückzug im Westjordanland fortzusetzen: eine Idee, die inzwischen längst vom Tisch ist.
Jetzt müssen Zipi Livni und Benjamin Netanjahu zusammengehen. Offen bleibt nur, wer von den beiden Chef bzw. Chefin wird. Doch das spielt kaum eine Rolle. Denn wer in Israel letztlich den Ton vorgibt, ist weder die eine noch der andere, sondern US-Präsident Obama. Auch dem Likud-Chef ist klar, dass ohne internationale Anerkennung und Unterstützung aus Washington im jüdischen Staat gar nichts läuft. Netanjahu ist ein Opportunist, nicht zum ersten Mal würde er dem "Big Brother" klein beigeben. Solange er an der Seite von Livni steht, dürfte Obama leichtes Spiel haben.
Prinzipiell befürwortet auch Netanjahu eine Zweistaatenlösung - nur eben nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Er selbst hat innerhalb seiner Partei den Grundstein für die Trennung der beiden Völker gelegt, als er 1997, vier Jahre nach dem Oslo-Abkommen, dem israelischen Abzug aus großen Teilen des Westjordanlands zustimmte. Jetzt kann er sich damit beruhigen, dass es wohl kaum zu einem palästinensischen Staat kommen wird, solange die Palästinenser untereinander so zerstritten sind wie derzeit.
So hat die Hamas nicht nur den Rechten in Israel an die Macht verholfen. Sie könnte dort zudem noch dauerhaft eine stabile Koalition sichern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Misogynes Brauchtum Klaasohm
Frauenschlagen auf Borkum soll enden
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz