Kommentar Wahlen in Ägypten: Mehr Hoffnung ohne Hardliner

Die Entscheidung der Wahlkommission, die drei Topkandidaten für das ägyptische Präsidentenamt zu disqualifizieren, hinterlässt widersprüchliche Eindrücke.

Nun ist es also endgültig. Die drei Topkandidaten für das Amt des ägyptischen Präsidenten wurden von der Wahlkommission disqualifiziert. Der Muslimbruder Kheirat al-Schater, der Salafist Hazem Abu Ismail und der Mann des alten Regimes, Mubaraks Geheimdienstchef Omar Suliman –, sie alle haben die formalen Kriterien für eine Kandidatur nicht erfüllt.

In der Einschätzung dieser Disqualifikationen sind die Meinungen naturgemäß geteilt. Liberale, aber auch christliche Kopten sind erleichtert, dass ihr politischer Albtraum Abu Ismail und dessen Scharia-Projekt ein Ende haben und auch die moderateren Muslimbrüder geschwächt sind. In der revolutionären Tahrir-Ecke ist man froh, dass man mit Omar Suliman als Präsident nicht gleich alle revolutionären Träume an den Nagel hängen kann.

Übrig bleiben aussichtsreiche Kandidaten, die weniger polarisieren. Etwa der als Elder Statesman auftretende ehemalige Chef der Arabischen Liga, Amru Musa, oder der Muslimbruder-Aussteiger Muhammad Abdel Fotouh, der islamisches mit liberalem Gedankengut zu vereinen sucht und der vom ersten Tag an auf dem Tahrirplatz dabei war.

Vor allem die Islamisten sehen dagegen in der Entscheidung ein Komplott des herrschenden Militärrates. Verbreitet ist auch die Theorie, dass die Kandidatur Omar Sulimans in allerletzter Minute und dessen späterer Ausschluss ein abgekartetes Spiel des Militärrates sei.

Wie wird nun die Straße reagieren? Und was bedeutet die Entscheidung der Kommission für die Legitimität des künftigen Präsidenten? Das sind nur zwei der zahlreichen Widersprüche, mit denen Ägypten beim Wandel von einer Diktatur zu einer Demokratie zurechtkommen muss.

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Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)

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