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Kommentar Wahlbetrug in HondurasEs riecht nach Putsch

Honduras hat gewählt, ein Ergebnis gibt es bislang jedoch nicht. Vieles spricht für Wahlfälschung. Warum schweigen die EU-Wahlbeobachter?

Protest während der Ausgangssperre in Tegucigalpa Foto: ap

Wer bei den Präsidentschaftswahlen in Honduras vom vorvergangenen Wochenende gewonnen hat, wird vielleicht nie ans Licht kommen. Doch die Tatsache, dass die Nationale Wahlbehörde (TSE) seit acht Tagen kein Ergebnis veröffentlicht, spricht für sich. Tag für Tag stieg nach Angaben des TSE die Stimmenzahl für den Präsidenten Juan Orlando Hernández, während Gegenkandidat Santiago Nasralla angeblich seinen anfänglichen Fünfprozentvorsprung verlor und nun hinter dem Rechtspolitiker liegt.

Zu Recht befürchtete Nasrallas linke Oppositionelle Allianz gegen die Diktatur schon vorab einen Wahlbetrug und traute der digitalen Auszählung nicht. Hernández hatte die nötigen Voraussetzungen geschaffen: Wichtige Institutionen stehen unter seiner Kontrolle.

Dass für mehrere Stunden das Wahlcomputersystem ausfiel, verwundert nicht – in Mexiko wurde so einst ein Wahlbetrug durchgeführt. Es ist auch nicht überraschend, dass der Oberste Gerichtshof Hernández’ Kandidatur zuließ, obwohl die Verfassung eine zweite Amtszeit für Präsidenten ausschließt.

Mit der Verhängung des Ausnahmezustands und dem gewaltsamen Vorgehen gegen Protestierende will Hernández klarstellen, dass er seine Macht mit allen Mitteln verteidigen wird. Das riecht nach einem „zweiten Putsch“, nachdem Militärs bereits 2009 den linken Präsidenten Manuel Zelaya mit einem Staatsstreich des Amtes enthoben haben.

Nutznießer dieses Putsches war Hernández, der den Sicherheitsapparat massiv aufgerüstet und umstrittene wirtschaftsliberale Projekte durchgesetzt hat. Nicht zuletzt deshalb musste Berta Cáceres, die den Widerstand gegen einen Staudamm organisiert hatte, sterben. Eine deutsche Firma zog sich daraufhin aus dem Projekt zurück.

So sollte auch die internationale Reaktion auf eine mit unlauteren Mitteln erlangte Präsidentschaft aussehen. Doch das Schweigen der EU-Wahlbeobachtermission lässt leider das Gegenteil befürchten.

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9 Kommentare

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  • The article could be more informative if the name of the leader of the opposition were the correct one: Salvador Nasralla. This makes all the rest of the information in the article a bit dubious. As a Honduran, I still wonder what Berta Cáceres has to do with anything else going on in the country. Also, the fact that social demonstrations are going on doesn't make the situation "smell like a coup"... this western idea that social demonstations in the global south are a sufficient condition for a rupture in the constitutional order is just the epitome of prejudice.

  • Auch noch interessant und zur Ergänzung:

     

    Die Leitung für die EU-Wahlbeobachtungsmission in Honduras hatte Ulrike Lunacek von den österreichischen Grünen.

    http://derstandard.at/1385170722121/Honduras-Wahlbeobachter-kritisiert-Bericht-der-EU-Mission

    • @Sandor Krasna:

      Auch interessant: DerArtikel ist von 2013.

      • @Adele Walter:

        Oops, habe ich überlesen, sorry. Aber anscheinend ging es ja auch 2013 lupenrein demokratisch zu in Honduras.

        ; )

  • "Warum schweigen die EU-Wahlbeobachter?"

     

    Unglaublich. Irgendwo auf der Welt gibt es ein Unrecht, und die EU schweigt. Kann ja wohl nicht wahr sein dass die Merkel-Truppe irgendwas nicht besser weiß.

  • "Warum schweigen die EU-Wahlbeobachter?"

     

    "...und umstrittene wirtschaftsliberale Projekte durchgesetzt hat."

     

    Braucht es noch mehr Antwort?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Was schreibt das Bundesministerium BMZ zur Lage ? Danach geht es in Honduras aufwärts. Immerhin ein Trost:

      Die Regierung unter Präsident Juan Orlando Hernández verfolgt eine grundsätzlich entwicklungsorientierte Politik. Die Wirtschaftslage hat sich nach dem Antritt der Regierung Anfang 2014 verbessert. Die Steuerquote steigt. Das Wachstum liegt mit mehr als drei Prozent über dem lateinamerikanischen Durchschnitt. Es gibt ernsthafte Bemühungen zur Bekämpfung der Korruption. Außerdem gibt es bei der Verbrechensbekämpfung erste Erfolge.

      • 8G
        81622 (Profil gelöscht)
        @koch jürgen wolfgang:

        Ist das jetzt Ihre Meinung oder die des BMZ? Dass CDU/CSU und FDP schon immer Diktatoren in Lateinamerika unterstützt haben, ist bekannt, sie sollten sich aber die Mühe machen, nicht völlig lächerlich zu wirken. Was Sie hier anführen als positive Entwicklung, ist nun alles andere als wahr: von Bemühungen in der Verbrechensbekämpfung kann nun in Honduras, dem Land mit einer der höchsten Mord -und der niedrigsten Aufklärungsraten der Welt gar nicht die Rede sein. Das angebliche Wirtschaftwachstum sagt nun gar ichts aus über den Gini-Index

        (Verteilung im Land). Honduras war, ist und wird leider noch länger die Bananenrepublik bleiben, in der die United Fruit Company und die US-Regierung, mit Hilfe von 4 oder 5 Oligarchen-Familien, Präsidenten ein-und absetzt, mit oder ohne Putsch. Dass die EU-Wahlbeobachter diese Chimäre auch noch absegnen, sollte im EU-Parlament diskutiert werden. Und das BMZ sollte sich schämen, mit ihrer Verharmlosung der faktischen Diktatur in Honduras, zum Leid der grossen Bevölkerungsmehrheit beizutragen.

      • @koch jürgen wolfgang:

        Geht es der Mehrheit der Bevölkerung besser?