Kommentar Wahl in den Niederlanden: Die Signale stehen auf Angriff
Nach dem Brexit machte die EU weiter, als wäre nichts geschehen. Das könnte sich bei der Wahl in den Niederlanden bitter rächen.
D en Brexit hat Brüssel nicht kommen sehen. Den Wahlsieg von Donald Trump auch nicht. Selbst auf die Provokationen von Recep Tayyip Erdoğan war die EU nicht vorbereitet. Umso nervöser fiebern die EU-Politiker nun der Wahl in den Niederlanden entgegen.
Kann Premier Mark Rutte den EU-Gegner Geert Wilders stoppen? Wird die Welle des nationalistischen Populismus endlich gebrochen? Kann gar ein Grün-Linker gewinnen? Dieser Wahl kommt eine wichtige Signalwirkung zu. Denn in sechs Wochen wird auch in Frankreich gewählt. Wenn Wilders in Den Haag siegt, könnte auch Marine Le Pen in Paris die Macht übernehmen, so die Sorge. Dann wäre die EU am Ende, fürchtet sogar Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Denn ohne Frankreich könnte die Union nicht weitermachen wie bisher.
Genau hier liegt das Problem: Bisher macht die EU weiter, als wäre nichts geschehen. Nicht einmal der Brexit hat als Weckruf gedient, in Brüssel herrscht business as usual. Bei der Wahl in Den Haag könnte sich das bitter rächen.
Feige laviert
Denn die EU hat Rutte alleingelassen. Sie hat sich nach Erdoğans Attacken und Sanktionsdrohungen nicht selbstbewusst mit den Niederländern solidarisiert, sondern feige laviert. Das könnte Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner sein. Allerdings würde ein Wahlsieger Wilders zunächst nicht viel ausrichten können. Niemand möchte mit dem exzentrischen Islamgegner koalieren, eine Regierungsmehrheit wird selbst in den düstersten Prognosen nicht erwartet.
Auch für den „Nexit“, also einen niederländischen EU-Austritt, zeichnet sich keine Mehrheit ab. Wilders könnte sein radikales und vages Wahlprogramm, das nur eine einzige Seite umfasst, gar nicht umsetzen. Für Nationalisten und EU-Gegner wäre es dennoch eine Ermutigung, wenn Wilders’ PVV die meisten Stimmen bekäme. Ihnen geht es nicht um Den Haag. Sondern darum, den nächsten Dominostein zu Fall zu bringen – um eine fatale Kettenreaktion auszulösen.
Ein Gegenmittel für diese, größte, Gefahr hat die EU noch nicht gefunden. Dabei müsste sie nicht lange suchen: Mark Rutte hat gezeigt, wie man Erdoğan die Stirn bieten kann. Sollte sich der liberale Premier gegen Wilders durchsetzen, dann muss auch die EU umschalten: auf Angriff.
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