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Kommentar Wahl in ZypernZypern wählt den Rettungskredit

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Die Wähler in Zypern haben sich für den Kandidaten entschieden, dem die besseren Drähte zu den Mächtigen in Europa nachgesagt werden. Sie sollten Solidarität zeigen.

W enn es eine Regel gibt, wie Wahlen in den krisengeschüttelten Staaten im Süden Europas ausgehen, dann hat sich diese am Sonntag bestätigt. Amtierende Regierungen werden abgestraft. Auf Zypern traf das einen linken Präsidenten, es triumphieren die Konservativen. Doch egal ob links oder rechts, auch auf der Mittelmeerinsel wurden vor allem diejenigen abgestraft, denen die vermeintliche Schuld an der Misere zugeschoben wird.

Dabei kann man den Linken auf Zypern zurecht alle möglichen Vorwürfe machen. Nur an der Bankenkrise, die sich in Nikosia zur Staatskrise auswuchs, trugen sie gewiss keine Schuld. Bei der Wahl ging es auch um die Frage, wem am ehesten zugetraut wurde, einen rettenden Kredit für Banken und Staat an Land zu ziehen. Und da haben die Wähler sich eindeutig für den entschieden, dem die besseren Drähte zu Europa im Allgemeinen und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Besonderen nachgesagt werden, den konservativen Nikos Anastasiades. Traurig aber wahr: sie haben damit recht.

Denn das kleine Zypern benötigt angesichts der grassierenden Geldwäsche-Vorwürfe mehr noch als die anderen Krisenländer Griechenland, Spanien, Portugal und Irland den guten Willen der Mächtigen in Europa. Dabei ist es weitgehend unwichtig, ob die Anschuldigungen nun richtig sind oder nicht. Sie haben ein Eigenleben entwickelt, dass sich nicht mehr dementieren lässt.

Bild: taz
Klaus Hillenbrand

ist Co-Leiter des Ressorts tazeins.

In Deutschland sind sie zum Wahlkampfthema geworden, und SPD und Grüne wetteifern darum, Zypern an den Pranger zu stellen. Sie täten besser daran, ein Prinzip zu verfolgen, dass angesichts der europäischen Krise in Vergessenheit zu geraten droht: Solidarität. Denn unabhängig davon, ob ein Rettungskredit für Zypern auch russischen Oligarchen nützlich wäre. Das Geld zu verweigern hieße, die Zyprioten in Armut und Elend zu entlassen.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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3 Kommentare

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  • SB
    Siegfried Bosch

    Was für ein Blödsinn! Zypern benötigte gar keine Unterstützung, wenn sie die Bankschuldner (also die mit mehr als 100.000€ auf dem Konto -- die, die ohnehin nicht auf die Einlagensicherung hoffen konnten, -- und die anderen Banken und sonstigen Finanzmarktakteure, die den zypriotischen Banken Geld geliehen haben) an den Kosten beteiligen würden. So will die zypriotische Elite den Zyprioten und dem Rest der Eurozone die Rechnung präsentieren und behauptet dabei, sie hätten ein "Recht" auf Unterstützung.

    "Solidarität" wird übrigens nicht vergessen, ganz im Gegenteil. Leider!

  • MA
    Michael Apel

    Komisch - ich dachte es gibt noch eine Stichwahl

  • D
    Die "Wähler"

    sind wie in Griechenland, Portugal und Irland erpresst worden und haben sich erpressen lassen von denen, die in dem korrupten Eu-Schlamassel angeblich noch das Land obenhalten. Dabei sind sie es, die es endgültig verkaufen.