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Kommentar Wahl Sri LankaEin Sieg für Indien und China

Georg Blume
Kommentar von Georg Blume

Seit langem wurde nicht mehr so demokratisch gewählt wie jetzt. Zwar waren viele Tamilen eingeschüchtert – doch immerhin stand ihnen dieses Mal der Weg zur Urne frei.

E s war wohl ein letzter, verzweifelter Hilferuf. Der sri-lankische Oppositionskandidat Sarath Fonseca sprach von Wahlbetrug, von Gefahr für sein Leben und für die Demokratie auf Sri Lanka. Doch der Westen sollte mit Solidaritätserklärungen an Fonseca jetzt besser sparsam sein.

Zwar ist sein siegreicher Gegner bei den Präsidentschaftswahlen dieser Woche, Amtsinhaber Mahinda Rajapaksa, ein Freund von Chinesen und Indern. Wie kann eine KP-Marionette Rajapaksa überhaupt demokratische Wahlen gewinnen, wird man sich in Washington und Brüssel womöglich fragen.

In Wirklichkeit aber wurde auf Sri Lanka seit Jahrzehnten nicht mehr so demokratisch gewählt wie jetzt. Das erklärt sich durch den 25-jährigen Bürgerkrieg zwischen Tamilenguerilla und Regierungstruppen, der bis zu seinem für viele westliche Beobachter überraschenden militärischen Ende im letzten Mai sämtliche Wahlen auf der Insel überschattete. Zwar waren viele Tamilen diesmal noch zu eingeschüchtert, um von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Doch immerhin stand ihnen diesmal der Weg zur Urne frei. Früher war er mit Morddrohungen der Guerilla gepflastert.

Georg Blume

ist Indienkorrespondent der taz.

Der Westen dachte, Rajapaksa könne den Krieg gegen die Guerilla ohne westliche Hilfe nicht gewinnen. Er tat es mit tatkräftiger Unterstützung der Regierungen in Peking und Delhi, die ihm zudem noch genug Geld für Entwicklungsprojekte ausliehen, um seine bäuerliche Wählerbasis zu erhalten.

Bis heute kritisieren Brüssel und Washington Rajapaksa für Menschenrechtsverletzungen an Tamilen während des Krieges. Sie vergessen nur, dass er gegen eine der menschenrechtsverachtendsten Guerillas der Welt kämpfte, die mit Kindersoldaten und Selbstmordattentätern ständig Zivilisten angriff. So hat das undemokratische China nun einen neuen, demokratisch legitimierten Freund.

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Georg Blume
Auslandskorrespondent Indien
Georg Blume wurde 1963 in Hannover geboren und ist gelernter Zimmermann. Er leistete seinen Zivildienst in einem jüdischen Kinderheim sowie in einem Zentrum für Friedensforschung in Paris. Danach blieb Georg Blume in Frankreich und wurde Korrespondent der taz. 1989 wurde er Tokio-Korrespondent der taz, ab 1992 auch für die Wochenzeitung DIE ZEIT. Von 1997 bis 2009 lebte er in Peking, wo er ebenfalls als Auslandskorrespondent für die ZEIT und die taz schrieb, seit August 2009 ist er für die beiden Zeitungen Korrespondent in Neu-Delhi. Bekannt geworden ist Georg Blume vor allem durch seine Reportagen über Umweltskandale und Menschenrechtsverletzungen in China. Für dieses Engagement erhielt er 2007 den Liberty Award, mit dem im Ausland tätige Journalisten für ihre couragierten Berichterstattungen gewürdigt werden. 2012 wurde er mit dem Medienethik-Award META der Hochschule der Medien in Stuttgart ausgezeichnet. Publikationen: „Chinesische Reise“, Wagenbach, Berlin 1998. „Modell China“, Wagenbach, Berlin 2002. „China ist kein Reich des Bösen“, Körber, Hamburg 2008.
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3 Kommentare

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  • S
    swen

    warun druckt ihr überhaut so einen schwachsinn wie,

     

    Zwar waren viele Tamilen diesmal noch zu eingeschüchtert, um von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

     

    was den tamil in sri lanka angetan wird entspricht der definition von völkermord

  • D
    Dingsbums

    Tut mir Leid aber der Argumentation des letzten Abschnitts konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Also soweit ich weis, ergibt zweimal Unrecht noch lange nicht Recht. Schon die Wortwahl fiel mir auf: Rajapaksa ist menschenrechtsverletzend, die Guerillas hingegen sind menschenrechtsverachtenden. So richtig ist mir der Unterschied nicht klar. Also "ein wenig" oder "in Maßen" Unrecht tun, ist nichts so schlimm, wie ein "bisschen mehr" oder "unverhältnismäßig" Unrecht tun. Menschenrechtsverletzung bleibt Menschenrechtsverletzung, das kann man doch nicht dadurch relativieren oder gar legitimieren, dass es seitens der Gegner auch harte Verstöße gegen das Menschenrecht gab. "Der Blödmann hat mich geschlagen also darf ich ihn auch schlagen...der Blödmann hat meinen Freund getötet, also darf ich auch seinen töten".

  • WH
    W. Holm

    Bei seiner Lobhudelei auf den Massenmörder Rajapakse vergisst Herr Blume geflissentlich, dass es die "menschenverachtenste Guerilla der Welt" war, die Friedensverhandlungen initiiert hatte, die hielten, bis Rajapakse an die Macht kam und eine "militärische Lösung" suchte. Während seine Armee imm Norden und Osten der Insel durch massive Menschenrechtsverletzungen auf sich aufmerksam machte (alleine in den letzten Kriegswochen wurden bis zu 20.000 tamilische Zivilisten getötet) wurde im Süden jegliche tamilische Opposition - Politiker, Intellektuelle und Journalisten - von Todesschwadronen im Blut erstickt. Es wundert daher höchstens Herrn Blume, warum es den Tamilen an Vertrauen in die "Demokratie" mangelt. Zumindest aber die Tatsache, dass unter dem "demokratisch legitimierten" Rajapakse 13 regierungskritische Journalisten ermordet und alleine 2009 eine gleiche Zahl ins Ausland getrieben wurde, sollte Grund genung sein für Herrn Blume, im Interesse seiner Zunft etwas kritischere Töne anzuschlagen.