piwik no script img

Kommentar Volksentscheid "Pro Reli"Ethik statt Quasselstunde

Kommentar von Christian Füller

Nach dem Scheitern der Kampagne pro Pflichtreligionsunterricht in Berlin muss Bildungssenator Zöllner den Ethikunterricht besser machen.

Bild: privat

Christian Füller ist Bildungsredakteur der taz.

Die Kampagne pro Pflichtreligionsunterricht ist gescheitert. Das ist gut, denn es war eine irreführende und unaufrichtige Propagandaschlacht. Den Bischöfen ging es nie um die Seele des einzelnen Schülers, sondern stets darum, die fragile Position ihrer steinernen Kirche zu festigen. Dennoch ist jetzt nicht billiges Triumphgeheul angesagt. Der Tag zwei nach der "Pro Reli"-Blamage ist der Tag eins der Arbeit pro Ethik: Den wichtigsten Job hat jetzt ironischerweise Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) vor sich - er muss den Ethikunterricht stärken.

Denn wenn irgendetwas deutlich wurde bei den jüngsten Besuchen des Ethikunterrichts: Dieses Fach muss, wenn es die hehren Ziele der Pro-Ethik-Fraktion erfüllen will, besser werden, viel besser. Es war erschütternd, zu sehen, welch oberflächliches "Gut und Böse"-Geschwafel unter dem Signet "Ethik" in der Schule möglich ist. Wer soll in diesen Quasselstunden lernen und verstehen, was Werte sind?

Die erste Baustelle heißt also: Macht Ethik besser! Und die zweite ist nicht weniger wichtig: Macht aufgeklärte islamische Religionslehre möglich! Die Drückerkolonnen von Bischof Huber und Kardinal Sterzinsky hatten ja nichts Substanzielles - außer einem einzigen Argument: Wollt ihr etwa, dass in den Hinterhöfen weiter Muslimschulen blühen? Daher ist es wichtig, die durchaus fragwürdigen Ansätze des Berliner Islamunterrichts auf festen Boden zu stellen und ihn in den Schulen zu verankern.

Nein, das ist kein Widerspruch. Die Stärke des Berliner Modells liegt darin, dass junge Muslime, Juden, Christen, Buddhisten sich und ihre Religionen kennenlernen - in der gemeinsamen Ethik. Und dass sie ihren Glauben verstehen - im freiwilligen Religionsunterricht. Dafür muss Schule sorgen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • M
    Mathias

    Religion und Schule sind 2 verschiedene Dinge. Sie haben nichts miteinander zu tun! Eine Religion vertritt keinerlei wissenschaftlich Lehrsame Grundsätze, wie der Physik oder Mathe Unterricht. Es geht sogar so weit, dass im Unterricht verschiedener Religionen verschiedene Dinge gelehrt werden. Das ist ein unannehmbarer Zustand da die Schule jedem Schüler die gleichen Dinge, nämlich nur die unbestreitlich Bewiesenen lehren sollte. Der Religionsunterricht vermittelt zwar teilweise ethnische Werte, die können aber in Ethik genausogut und universeller gelehrt werden. Religion ist etwas, mit dem man sich in seiner Freizeit beschäftigen sollte, nicht wegen guten Noten sondern viel mehr weil man sich dafür interessiert. Ich interessiere mich auf jeden Fall nicht dafür.

  • M
    Martin

    ... und nein, die Schule muß nicht dafür sorgen, daß die Kinder ihren Glauben verstehen, das ist ihr Privatvergnügen, dafür gibt's Bibelstunde und sonntags Kirche.

  • M
    Martin

    Warum soll der Ethikunterricht in Berlin besser sein müssen als der Religionsunterricht in den anderen Bundesländern? Dort wird auch nur gequasselt, nur eben engstirniger.

  • PF
    Pro Fairness

    Drückerkolonne? Dürer auf Fünfzigerjahretapete? Diese Argumente bestärken mich in der Befürchtung, daß im Fach Ethik weltanschaulicher Unterricht stattfinden wird. Insbesondere da die GEW einer der Hauptunterstützer der Pro Ethik Kampagne war. Niemand von denen soll meinen Kindern Religion erklären!

  • S
    scardanelli

    Die TAZ ist ja im Grunde sympathisch, aber mit ihren kitschig-linken Kommentaren macht sie sich nur noch lächerlich. Sie verkommt zu einer BILD-Zeitung der Linken. Dieser Kommentar ist ein gutes Beispiel: ohne eine stichhaltige Begründung wird einfach festgestellt, dass die Entscheidung gegen eine freie Wahl des Ethik-/Reli-Unterrichts "gut" war - und mit Sätzen wie "Den Bischöfen ging es nie um die Seele des einzelnen Schülers, sondern stets darum, die fragile Position ihrer steinernen Kirche zu festigen." disqualifiziert sich Herr Füller selbst als jemand, der aus feststehenden Ressentiments heraus schreibt.

  • G
    G.M.

    Schon der zweite Kommentar, den man nur mit "kurz, knapp und richtig" bewerten kann. Vielen Dank der taz!