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Kommentar Volksbegehren S-BahnKeine einfache Forderung

Kommentar von Svenja Bergt

Für die Offenlegung der S-Bahn-Verträge gibt es gute Gründe. Doch die Volksbegehren-Initiative will noch mehr. Das könnte ihr zum Verhängnis werden.

E s ist schon merkwürdig: Da gibt es eine Regierung, demokratisch gewählt, also eigentlich dem Wähler verpflichtet, auf der einen Seite. Und ein öffentliches Unternehmen, also eigentlich dem Gemeinwohl verpflichtet, auf der anderen Seite. Die schließen einen Vertrag. Und der ist geheim. Muss man das verstehen?

Muss man nicht. Und daher ist die Forderung nach einer Offenlegung des S-Bahn-Vertrags, die die Initiative S-Bahn-Tisch mittels Volksbegehren und Volksentscheid durchsetzen will, genau richtig. Trotzdem wird es für die Aktivisten nicht einfach.

Denn anders als der Wassertisch, der mit seinem Volksbegehren nur die Offenlegung der Verträge forderte und alles Weitere dem gesunden Menschenverstand und der öffentlichen Meinung überließ, geht der S-Bahn-Tisch einen Schritt weiter: Die Initiative will mit ihrem Gesetzentwurf direkt auf die Zukunft des S-Bahn-Betriebes Einfluss nehmen. Und - daraus macht sie keinen Hehl - letztlich am liebsten eine Ausschreibung des Betriebes verhindern.

Diese Herangehensweise ist es, die ihnen auf die Füße fallen könnte. Denn genau wie es gute Gründe gibt, die Wasserversorgung in die öffentliche Hand zu legen, gibt es plausible Gründe, einen S-Bahn-Betrieb ganz oder teilweise auszuschreiben.

Eines der Geheimnisse des Wasser-Volksbegehrens war dessen Einfachheit: Eine Forderung, der sich niemand verschließen konnte, am Ende nicht einmal die Regierung. Manche Anliegen des S-Bahn-Tisches sind da streitbarer. Entsprechend schwierig wird für die Aktivisten die Überzeugungsarbeit auf der Straße.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

7 Kommentare

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  • EA
    Enzo Aduro

    @Johannes

    Sorry ich wusste nicht dass es eine AGB gibt die besagt wann man was lesen darf. Und NEIN mein Beitrag hat nichts mit Ellenbogengesellschaft zu tun. Ich möchte das unsere Stadt weder Leute aufgrund von hohen Ticketpreisen ärmere Menschen von der Mobilität ausschließen muss, noch Konkurs anmelden muss weil sich der Zuschuss verdreifacht.

     

    1. Zu gerechten Löhnen gehört auch das man bei gleicher Arbeit gleich viel verdient. Und nicht das 5% der Glücklichen Reinigungskräfte für die S-Bahn putzen und die anderen die reguläre Kunden haben in die Röre schauen.

     

    2. Schulbus (Obwohl es hier um S-Bahnen geht, Busse sind BVG->gehören Berlin->kein Vertrag notwendig) und Schule stehen in Finanzierungskonkurrenz. Das ist nicht Rechts und nicht Links. Das ist einfach wahr. Das heist natürlich nicht das es nicht möglich ist bei beiden ein bestimtes Leistungsniveau zu erreichen.

     

    3. Dirk vergaß aber leider das die DB AG dem Bund gehört und der besteller nunmal die Stadt Berlin ist. Ergo: Die DB AG/der Bund will in Berlin einfach nur Geld verdienen. Exakt wie ein Unternehmen. Warum sollte sonst die ganze Verhandlung jetzt so kompliziert sein, wenn eis ein ach so tolles typisch öffentliches Unternehmen ist? Die müssen doch ihre 500 Millionen Dividende bezahlen. Man mag das vielleicht kritisieren, aber wir reden hier über berliner Politik, die deutsche ist hier ein Datum.

     

    PS: Ich schließe Behinderte nicht aus. Rolltreppen können die eh nicht verwenden, und Fahrstühle gibt es an so wenigen Bahnhöfen das quasi keine Relation durchgehend möglich ist. Damit sind dann auch die Fahrstühle sinnlos. Es ist vielleicht eine Bequemlichkeit für Eltern mit dem Kinderbuggy, aber dafür braucht man nun wirklich nicht mit der Keule drakonischer Vertragsstrafen antanzen. Diese erhöhen nähmlich den Preis -> Zuschuss UND Tickets. Und wir wollen ja günstig fahren und noch Geld für die Schulen übrig haben.

  • J
    Johannes

    Lieber Enzo, zu ihrem zweiten Beitrag (21.06., 13:12 Uhr) fällt mir eigentlich nur noch eine Frage ein:

    Und solche Leute lesen die taz?! Komplett in der Ellenbogengesellschaft verwurzelt, einen Sch**ß drauf geben, ob mobilitätseingeschränkte Menschen am öffentlichen Leben teilhaben können, ob Beschäftigte zu Hungerlöhnen arbeiten, ob Schulgebäude- gegen Schulbus-Finanzierung ausgespielt wird... und nicht zuletzt: "links" als Schimpfwort im Munde führen. Na Mahlzeit, obwohl, ehrlich gesagt vergeht einem der Appetit, wenn an sowas liest.

    Aber naja, wahrscheinlich hat Dirk mit seiner Antwort von 14:16 völlig Recht...

  • EA
    Enzo Aduro

    @Dirk

    Die S-Bahn wird momentan von der DB AG betrieben. Und die Gehört den Bund. Auftraggeber und Auftragnehmer sind also nicht identisch. Inwieweit man das mit einem "öffentlichen Betrieb" gleichsetzt, müssen Sie mir erklären.

     

    Beim "öffentlichen Betrieb" Schule betreibt Berlin die Schule. Berlin geht ja nicht zu einer vom Bildungsministerium überwachten Firma und bezahlt Geld, damit dieses dann die Schule betreibt, um sich nachher über die Qualität zu streiten. Und wenn das so wäre, ist es eigentlich auc egal wem die Firma gehört mit dem sich der Senat dann streitet. Wichtig ist nur das es kein Monopol gibt.

  • D
    Dirk

    Mal wieder zeigt sich die taz von ihrer (auch von vielen Grünen offen vertretenen) neoliberalen Seite: Welche Gründe sollte es geben, die S-Bahn auszuschreiben? Hat die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe nicht eindrucksvoll gezeigt, wohin das führt? Müssen nochmehr "Kinder in den Brunnen fallen", bevor auch die letzten (Grünen, tazlerInnen) verstehen, dass die Daseinsvorsorge (Energie, Mobilität, Gesundheit, Bildung, Wasser) eben NICHT in private Hände mit Gewinnerzielungsabsicht gehört?

    Ich kann diese Litanei der Allgemeinplätze, die dort mitschwingt ("Die Privaten können es besser") nicht mehr hören! Es gibt Fakten, viele Fakten, die dagegen sprechen. Mensch muss sie nur mal zur Kenntnis nehmen und seine Schlüsse daraus ziehen!

  • EA
    Enzo Aduro

    Sehr schade das die Initiative so viel Unsinn in das Gesetz schreiben will. Da sind die Falken wohl von dem Erfolg des Wasserbegehrens übermütig geworden.

     

    Gesetzlich (!) soll festgehalten werden das:

     

    *"innerhalb des Tarifbereichs AB an jedem Umsteigebahnhof zur U- oder S-Bahn

    ein mit Personal besetzter Fahrkarten- und Informationsschalter mindestens

    10 Stunden täglich geöffnet ist"

    -> Was? Wozu? Ich bezahl doch kein Personal wenn ein Automat oder so eine Infosäule oder Hotline das auch kann und effizienter. Das muss man ja über die Tickets oder die Steuern alles bezahlen. Und nicht in jedem AB-Umstiegsbahnhof sind Touristen, und selbst die können ja eine Hotline anrufen. Muss man eben nur die Säule auf Englisch beschrifen.

     

    *"die Zugbehängung für alle Linien im Detail und auch für die zusätzlichen Zuggruppen in der Hauptverkehrszeit in der Wagenanzahl festgelegt ist"

    -> Viel zu straffe Regelungsdichte, Verkehrsströme ändern sich, da muss man anpassen können.

     

    * "zur Gewährleistung der Zielsetzung der Barrierefreiheit bei Ausfällen von Aufzügen und Fahrtreppen, die über einem vom Land Berlin zu definierenden Durchschnitt liegen, eine Vertragsstrafe seitens des Betreibers an das Land Berlin als Maluszahlung zu leisten ist, soweit diese Einrichtungen sich in S-Bahnhöfen innerhalb des Landes Berlin befinden. Die Definition des oben erwähnten Durchschnitts hat in Zusammenarbeit mit den Fahrgast- und den Behindertenverbänden zu erfolgen."

    -> Rolltreppen dienen nur dem Komfort, absolut quatsch das da reinzuschreiben, erhöht die Kosten des Vertrags sinnlos. Ich bezweifel sowieso die sinnhaftigkeit des ganzen Fahrstuhl gebaues. Da beachtet keum einer die ganzen Betriebskosten etc. Die meißten Fahrten werden dann eh nur von Leuten gemacht, bei denen die Treppenbenutzung eher eine Behinderung abwenden würde.

     

    *"In jedem neuen Verkehrsvertrag für den S-Bahnverkehr ist sicherzustellen, dass die Entlohnung und Sozialstandards der beim Leistungserbringer beschäftigten Mitarbeiter, einschließlich der Leiharbeitnehmer, mindestens denen der einschlägigen, repräsentativen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung entspricht. Die Tarifverträge müssen mit einer tariffähigen Gewerkschaft abgeschlossen sein. Es ist sicherzustellen, dass diese Bedingungen auch auf alle Subunternehmer angewendet werden."

    -> Ja klar, die einzige Putzfrau die in Berlin nach Tarif bezahlt wird, darf ich mitbezahlen, sonst gehts noch.

     

    *"während der Betriebszeit auf jedem S-Bahnhof Aufsichtspersonal anwesend ist"

    -> Äh, NEIN. Wozu? Das ist einfach lächerlich.

     

     

    Summa Sumarum,

    sehr linkes, sehr schlechtes, sehr Naives Gesetz. Stellt viellecht einige Anhänger zufrieden, ist aber NICHT Mehrheitsfähig. Das Wassergesetz ist durchgekommen weil es kaum Kontroversen bot. Allem Darin konnte man nur zustimmen. Man kann vielleicht zu Faul gewesen sein hinzugehen, aber ablehnen konnte man es jedenfalls nicht, bzw. wenn dann muss man sehr seltsame Motive gahabt haben.

     

    HIER Aber gibt es ein logisches Motiv dagegen zu sein: Kosten! Ich will nicht die ganzen leute bezahlen die dieses Beschäftigungsprogramm fordert. Ich will nicht das an jedem S-Bahnhof sich ein Tarifbezahlter die Beine in den Bauch steht.

    Vielleicht gibt es eine Mehrheit der Abstimmenden, die 25% hürde zu knacken ist jedenfalls ilusorisch. Falls die die ganzen Unterschriften zusammenbekommen.

    Ich werde jedenfalls mit NEIN stimmen! Ich will das die Fahrscheine nicht noch teurer werden, und ich will auch nicht das der Zuschuss der Stadt unnötiger weise wächst. Das Geld gehört in die Konsolidierung des Haushalts und in die Bildung! Und JA man MUSS diese Themenfelder gegeneinander ausspielen, weil man Geld nur einmal ausgeben kann.

  • EA
    Enzo Aduro

    Die S-Bahn gehört der BRD und nicht Berlin, daher sind die interessen nicht identisch. Die Interessen Deutschlands dürften viel stärker an einem großen Überschuss liegen als in Berlin.

  • D
    Daniel

    "Denn genau wie es gute Gründe gibt, die Wasserversorgung in die öffentliche Hand zu legen, gibt es plausible Gründe, einen S-Bahn-Betrieb ganz oder teilweise auszuschreiben."

     

    Der Zusammenhang ist mir irgendwie nicht ganz klar. Wenn die Wasserversorgung in öffentliche Hand soll, dann doch auch der ÖPNV?!

    Also genau umgekehrt zu Ihrer Aussage!

    Private Betreiber haben doch mindestens die gleiche Gewinnerzielungsabsicht, wie die Wasserbetriebe eindrucksvoll beweisen.