Kommentar Volksbegehren Horte: Ohne Druck geht gar nichts
Was auf den ersten Blick nach funktionierender direkter Demokratie aussieht, ist nicht mehr als ein Armutzeugnis für den Stand der Bildungspolitik im rot-roten Senat.
S eit über 20 Jahren wolle die SPD die Hortbetreuung an den Schulen verbessern, sagt deren bildungspolitische Sprecherin Felicitas Tesch. Auch im aktuellen Wahlprogramm ist die Forderung verewigt. Seit genau so langer Zeit lässt es sich als PolitikerIn im armen Berlin prima auf die desolate Finanzlage berufen. So blieb die Forderung trotz mehr als 20 Jahren Regierungsbeteiligung im Entwurfsstadium.
Jetzt macht eine Initiative Druck, und plötzlich - siehe da - bewegt sich was bei Rot-Rot. Was auf den ersten Blick nach funktionierender direkter Demokratie aussieht, ist nicht mehr als ein Armutzeugnis für den Stand der Bildungspolitik im rot-roten Senat.
Die Strategie des öffentlichen Drucks hat schon einmal funktioniert, auch damals ging es um eines der Kernanliegen im Forderungskatalog von SPD und Linke. Die gleichen InitiatorInnen, die jetzt für eine Verbesserung der Hortbetreuung streiten, haben 2009 unter Androhung eines Volksentscheids um die Einstellung von 1.800 zusätzlichen Kita-BetreuerInnen verhandelt. Und schwuppdiwupp - plötzlich fand der Senat noch noch ein paar Millionen im eigentlich leeren Staatssäckel.
Das Bedrückende daran ist: SPD und Linke sind Parteien, die mit ihrer Kompromisslosigkeit bei der Bildungspolitik Werbung machen. Ganz offensichtlich reicht es aber nicht, sie dafür zu wählen. Sondern die BildungspolitikerInnen brauchen regelmäßig die Unterstützung einer protestierenden Öffentlichkeit, um ihre Verhandlungsposition innerhalb der eigenen Regierung zu stärken. Erst dann wird den Rot-Roten das Thema Bildung wirklich wichtig.
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