Kommentar Verurteilung IKB-Chef: Angemessen und enttäuschend
Es war nicht genug, sich nur mit der Pleitebank und deren einstigen Chef zu befassen. Das richtige Instrument wäre ein weiterer Untersuchungsausschuss im Bundestag.
Es ist ein hilfloses Urteil: Der einstige Chef der Pleitebank IKB wurde zu zehn Monaten Bewährung und einer Geldstrafe von 100.000 Euro verdonnert. Diese Summe wirkt überaus mickrig, wenn man sie mit dem Gesamtschaden vergleicht. Denn die Rettung der IKB hat mehr als 10 Milliarden Euro gekostet.
Aber um die eigentliche IKB-Pleite ging es nie vor Gericht. Bankchef Stefan Ortseifen wurde nur zum Verhängnis, dass er kurz vor dem absehbaren Konkurs so dumm war, eine optimistische Pressemitteilung hinauszuschicken. Daher wurde er nun wegen Kursmanipulation verurteilt - und für dieses Delikt ist der Richterspruch angemessen.
Ulrike Herrmann ist finanzpolitische Redakteurin bei der taz.
Die Finanzkrise selbst wird jedoch kaum juristische Folgen haben, denn die Spekulationen waren legal, so bitter das ist. Zudem sind die Bankmanager nicht allein schuld. Vielmehr haben alle mitgemacht: Anleger, Aufsicht, Rating-Agenturen und Gesetzgeber. Jeder wusste von den Milliardenspekulationen, da sie in den Geschäftsberichten erwähnt wurden.
Auch IKB-Chef Ortseifen hat offen dargelegt, wie er Schattenbanken in Irland eingerichtet hat, die strukturierte Wertpapiere in den USA aufkauften. Es war natürlich saublöd, dass damals niemand rechtzeitig erkannte, dass es sich um Ramschpapiere handelte. Aber kollektive Dummheit ist kein strafbares Delikt.
Dem eigentlichen Skandal, dass die Chefs diverser Banken windige Spekulationsgeschäfte zuließen, ist also juristisch nicht beizukommen. Die Finanzkrise muss politisch aufgearbeitet werden, um einen neuen Crash zu verhindern. Das richtige Instrument wäre ein weiterer Untersuchungsausschuss im Bundestag. Es war nicht genug, sich nur mit der Pleitebank HRE zu befassen.
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