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Kommentar Verschärfung AusländerrechtUnion statt Integration

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

"Wer kein Deutsch lernt, der fliegt raus": So lautet die Botschaft der Union an Einwanderer. Auch die verunsicherten Wähler erhalten eine Nachricht: "Wir tun etwas!"

E inwanderer sollten die deutsche Sprache beherrschen, wollen sie sich in Deutschland zurechtfinden; und es ist schade, dass nicht alle Migranten, die per Gesetz zu einem Integrationskurs verpflichtet wurden, ihn am Ende mit perfekten Deutschkenntnissen abschließen. Was also spricht dagegen, das Ausländerrecht zu verschärfen, um Zuwanderer zum Deutschlernen anzuhalten, wie es die Bundesregierung jetzt plant?

Eine ganze Menge. Erstens ist es immer fragwürdig, die Gewährung von Bürgerrechten - und dazu gehört das Aufenthaltsrecht für Ausländer - daran zu knüpfen, ob bestimmte Leistungen erbracht werden oder nicht. Das Wahlrecht erhalten ja auch nicht nur Doktoranden. Und wer sagt denn, dass es nur an den Migranten liegt, wenn sie Integrationskurse abbrechen? Über die Qualität und den Sinn dieser Kurse lässt sich trefflich streiten.

Schon jetzt kann sein Aufenthaltsrecht verlieren, wer gar nicht erst zum Integrationskurs erscheint, obwohl er dazu verpflichtet wurde. Wenn nun nur noch jene eine Aufenthaltserlaubnis erhalten sollen, die einen Sprachtest bestehen, werden die Daumenschrauben eine weitere Umdrehung angezogen. Die implizite Botschaft lautet: Wer kein Deutsch lernt, der fliegt raus.

DANIEL BAX ist Redakteur im taz-Meinungsressort.

Längst geht es nicht mehr darum, ob solche drakonischen Maßnahmen die Integration von Einwanderern verbessern oder nicht. Denn dafür sind sie gar nicht gedacht. Sie sind vielmehr ein Placebo, mit dem die Bundesregierung ihren verunsicherten Wählern suggerieren will: Wir tun etwas!

Schon auf dem Höhepunkt der Sarrazin-Hysterie, im September 2010, hatte Angela Merkel angekündigt, dass die CDU weiter für konservative Wähler attraktiv bleiben wolle und daher auf härtere Sanktionen gegen "Integrationsverweigerer" dränge. In bemerkenswerter Deutlichkeit stellte sie damals klar, dass es ihr mit solchen Maßnahmen nicht um die Integration von Einwanderern geht, sondern darum, zu verhindern, dass rechts von der Union eine neue Partei entsteht.

Während die CSU seither auf brachiale Rhetorik setzt und Seehofer holzt, er werde bis zur "letzten Patrone" gegen weitere Einwanderung kämpfen, geht die CDU etwas subtiler zur Sache. Einig sind sich beide jedoch in ihrer Stoßrichtung: Das größte Integrationsproblem der Republik seien Einwanderer, denen der Wille zum Deutschlernen fehle. Das aber ist ein Ammenmärchen.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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16 Kommentare

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  • QJ
    "original" Joe

    Viele haben ja recht, aber leider nicht alle. Der grösste Ausrutscher, denke ich mal kommt von karin bryant. Bryant, alors ma chere...., nun in den US of A leben 30 Millionen Latinos, ob alle legal da sind ist ja eigentlich Wurst. Ihre Sprache ist natürlich Spanisch und sie leben vielfach unter sich und Englisch lernen ist nicht ihr Ziel, wird es von ihnen erwartet? Nein! Die USA ist also längst zweisprachig.

     

    Kann hier jemand das Stammtischdeutsch der Bayern verstehen? Ironischerweise ist diese Seehoferkampagne gegen Ausländer zum "guten" Teil an diese Typen gerichtet. Solche Themen kommen aus der Schublade wenn es etwas Anderes zu verdrängen gilt. Hoch lebe Guttenberg! Hoch! Hoch! Hoch lebe der Dieb! Hoch! Hoch! Hoch!

     

    Um ihm seine Ehre wirklich zu erweisen sollten Extrazüge nach Franken gebucht werden aus allen Städten und die Menschen sollten in grossen Scharen dort die Kneipen leertrinken und mit reuevollem Gesicht nach Hause fahren und die Rechnung zurücklassen als Ausdruck der Solidarität.

    Hoch lebe der Dieb! Dreimal hoch!

  • 3
    3rdstone

    @Joe:

    ... zu lernen ...

  • V
    vic

    Aus schwarz wird braun. Schleichend aber deutlich- und dem Stimmvieh gefällt`s.

  • R
    Robert

    Solange Deutschland, Menschen die seit Jahrhunderten in Siebenbürgen, an der Wolga oder sonst wo leben und Ihre Integration verweigern, unterstützt, finde ich die Forderung, dass Immigranten sofort Ihre Herkunft verleugnen sollen absolut verlogen. Dieser Aspekt wird bei der ganzen Debatte immer ignoriert, „Deutsche“ müssen sich auch integrieren.

     

    Außerdem darf man bei der ganzen Debatte nie vergessen, Deutschland lebt vom Export, also auf Kosten des Auslands und es sollte daher dringend auf die Außenwirkung der zum Teil schon in Richtung Ausländerfeindlichkeit gehenden Aussagen mancher führender Politiker achten.

  • W
    Werner

    Wenn es von der CDU gar nicht als Integrationsmaßnahme gedacht war, dann wäre es halt an der Opposition - und an linken Medien - den Ball aufzunehmen und die Sache in eine Richtung zu wenden, die der Integration wirklich dient.

     

    "Pass auf, Regierung, unter folgenden Bedingungen machen wir sogar einen fratkionsübergreifenden Gesetzentwurf:

    Deutschkurse für alle, die wollen, werden mit folgenden Mitteln finanziert [konkrete Zahl einsetzen]. Für Migrantenkinder gibt es sowohl Recht als auch Pflicht auf einen kostenlosen Kindergartenplatz samt Sprachtest und Förderung."

     

    Daraus dann medial ein Riesending machen, sodass die CDU blöd dasteht, wenn sie nicht mitmacht.

     

    Aber warum sollte man denn konkrete Integrationspolitik machen wollen, wenn man sich statt dessen auch einfach als Gutmensch vorkommen kann.

    "

  • L
    Lothar

    Was nicht an Leistungen oder Pflichten gekoppelt sind, sind Menschenrechte, nicht Bürgerrechte.

    Dass die mit Pflichten Hand in Hand gehen, ist vielmehr bereits qua Defintion wahr.

  • E
    Elisabeth

    So ärgerlich und unchristlich die ganze Migrantenpolitik von CSU, CDU und FDP ist - einzig die Forderung nach Verpflichtung zum Deutsch lernen mach m.E. Sinn. Denn wer hier der deutschen Sprache nicht wirklich mächtig ist, bleibt in allen Dingen abhängig von irgendwelchen Leuten, die einem helfen (gegen Bezahlung, ...) Anträge auszufülle etc. Nur wer Deutsch lesen und schreiben kann, ist in der Lage, hier ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Das gilt für Männer, vor allem aber auch für Frauen! Wenn eine Verpflichtung zum Deutsch lernen auch dazu führt, dass flächendeckend qualifizierte Deutschkurse (unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Migrantinnen) kostenlos (?) angeboten werden, dann bin ich das erste Mal in meinem Leben mit der CSU d'accord.

  • L
    Lucia

    @ karin bryant:

    >>Einwanderer,die der Sprache nicht maechtig sind und nicht beweisen koennen dass sie sich selbst ernaehren koennen

    haetten in den klassichen Einwanderungslaendern wie Kanada,Australien und USA keine Chance ueberhaupt legal ins Land zu gelangen.Die implizite Botschaft lautet: Wer kein Deutsch lernt, der fliegt raus

  • OB
    Otto Bronnert

    wer den Test nicht besteht fliegt raus.

    wie wärs denn mal den römisch dekadenten, den eu kommissar aus dem Südwesten oder den bayerischen Imperator einem Test zu unterziehen.

    Öttinger hat ja leicht, der befindet sich ja schon ausserhalb unseres Nationalstaatsgemeinwesens, aber die anderen...

    Schlimm schlimm

  • B
    Benjamin

    Interessant, dass in der öffentlichen Debatte eigentlich niemand mit Ideen vorprescht, wie man das Zusammenleben mit "gegenseitigem" Einverständnis optimieren könnte.

     

    Noch interessanter, dass das hier niemandem aufzufallen scheint.

  • A
    Anon

    ich hab die Nase voll mit die CSU und ihre Hasspolitik! Und die einst moderate CDU hat die Neville Chamberlain Partei geworden: sie glauben wegen Gesischtevergessen, dass sie die Rechtsextremen beschwichtigen mussen. Das ist nicht nur schwach und moralisch korrupt, sondern sehr gefährlich, denn die Nazismus wieder salonfähig wird.

     

    Die ganze schrille Einwanderungsdebatte ist schändlich, weil die Einwanderer keine Stimme in der Politik haben: sie durfen nur passiv hören, wie schrecklich sie sind. Wissen sie alle, wie demoralisierend das ist? Wir brauchen sofort das Ende dieses Kulturkriegs.

  • KB
    karin bryant

    Einwanderer,die der Sprache nicht maechtig sind und nicht beweisen koennen dass sie sich selbst ernaehren koennen haetten in den klassichen Einwanderungslaendern wie Kanada,Australien und USA keine Chance ueberhaupt legal ins Land zu gelangen.

  • Z
    zweifelhaft

    Kati1, "Zuwanderungsstopp" - beliebt, ihn zu fordern, tatsächlich gibt's ihn schon lange. Nach Deutschland rein kommt man kaum noch. Einziger größerer Posten: Familiennachzug. Mann, Frau oder Kinder kommen nach Deutschland, nachdem eine® schon hier ist. Aber auch da werden Sprachkenntnisse verlangt. Und: Netto wandern deutlich mehr Leute - und übrigens auch viele ehemals hierhin gekommene Migranten - ab als zu.

     

    Nein, da hat die taz völlig Recht: Reine Nebelwerfer der CDU, weil man in den notwendigen, schwierigeren Dingen in Sachen Integration nicht kann oder will. Die da wären, vor allem die Folgen der jahrzehntelangen Ausgrenzung und Ignoranz gegenüber Migranten aufzuarbeiten. Oder Thema Asylanten (von denen kommen ebenfalls nur noch vereinzelt welche, sind aber viele da): Die dürfen ja gar nicht arbeiten! Die dürfen sich hier quasi nicht einrichten - dass die dann auch wenig Lust haben, Deutsch zu lernen (von den materiellen Hindernissen mal abgesehen: es gibt zu wenig Kurse und die kosten ja oft was), kann ich nachvollziehen.

     

    Aber egal, Hauptsache mal motzen.

  • J
    Joe

    DANIEL BAX ist ein journalistisches Leichtgewicht - Integrationshindernisse sind der Islam und bei den Türken, ihr Nationalismus! Und die deutsche Sprache lernen ... braucht in Kreuzberg schon lange keiner mehr.

  • K
    Kati1

    Wenn in diesem Lande jemandem die Meinung oder Haltung von jemand anderem nicht passt, wird die Meinung oder Haltung desjenigen schnelle mit "verunsichert" bagatellisiert. Nein, lieber Autor, ich bin nicht "verunsichert". ich plädiere entschieden für ein Zuwanderungsmoratorium. Zuwanderungsstopp, Bestandsaufnahme der völlig unkontrollierten "Zuwanderung". Schauen, welch potential bisher da ist.

    Rassismus? Gähn.

  • N
    Ndege

    Aus dem Artikel:

     

    "Erstens ist es immer fragwürdig, die Gewährung von Bürgerrechten - und dazu gehört das Aufenthaltsrecht für Ausländer - daran zu knüpfen, ob bestimmte Leistungen erbracht werden oder nicht."

     

    Nein, ist es nicht. Denn Bürgerrechte sind - stell sich einer vor - nur für deutsche Staatsbürger. Und demnach sind auch nicht alle Menschen rechtlich gleich.