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Kommentar Verhaftung Ruandas ProtokollchefinFreie Bahn für Kriegstreiber

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der politische Schaden, den die Verhaftung von Ruandas Protokollchefin Kabuye in Frankfurt angerichtet hat, ist verheerend.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.

3 Kommentare

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  • H
    Harald

    Und immer wieder wrd die Diktatur von Herrn Kagame schöngeredet, legitimiert aus den Verbrechen anderer, aus dem Genozid und dem Kolonialismus. Eine antikolonialistische Lyrik wird bemüht, um dieses autokratische und autoritäre Regime ins rechte Licht zu setzen. Die Kriegstreiber in der Region der großen Seen ist doch eindeutig dieses Regime in Ruanda, das seit Jahren seine blutigen Hände in den Kriegen in Ostkongo hat. Schätzungen gehen von mehreren Millionen Opfer aus, die durch Hunger, Krankheiten und Gewalthandlungen ums Leben gekommen sind. Herr Nkunda versucht heute auf ähnliche Weise an die Macht zu kommen wie seit 1991 General Kagame, der zwischen 1986 und 1990 zunächst als Geheimdienstchef in Ugandas offizieller Armee bis 1990 wirkte und dann an die Militärakademie von Fort Lavenworth im US-Bundesstaat Kansas delegiert wurde. Von Uganda aus hat er Ruanda jahrelang mit Hilfe dortiger Truppen in einen blutigen Bürgerkrieg verstrickt, um den nach 1959 vertriebenen Tutsieliten wieder ein Heimatrecht zu verschaffen. Eine Teilnahme an der Macht hätte er auch durch das Frankreich vermittelte Arusha-Abkommen erreichen können. Aber dies hätte geteilte Macht bedeutet. Ein Krieg, der in einer ethnisch gespaltenen Gesellschaft einen Genozid der einen durch die andere Gruppe erwarten ließ, konnte ihm zur ganzen Macht verhelfen, so wie dies heute Herr Nkunda anstrebt. So wie Kagame die Konsequenzen ethnischen Säuberungen in Kauf nahm und letztlich am meisten durch den Tod Juvénal Habyarimanas, so ist Nkunda nicht wirklich am Lebensrecht seiner ethnische Gruppe interessiert. Für den einen wie für den anderen bietet sie nur die Möglichkeit, sich der eigenen tribalen Machtbasis zu versichern, wobei die Propaganda an das genaue Gegenteil appelliert, an unser humanistisches Gewissen, an unsere 'political correctness', an unseren Widerwillen gegen den Kolonialismus und seinen gallischen Auswüchse.

    Man überlege doch: Wenn Herr Nkunda eine demokratisch gewählte Regierung durch Kriege stürzen kann, - und Joseph Kabila wurde auch von westlichen Wahlbeobachtern als ein solcher anerkannt - warum sollten nicht andere auch Herrn Kagame stürzen können?

    Die Kriegstreiber sitzen in Kigali. Sie sind Kinder des Krieges und profitieren am meisten von dem Chaos und der Not der Menschen im Ostkongo. Man muss nicht die Partei der Franzosen ergreifen, deren Politik zu viel Kritik Anlass gibt (übrigens auch die der USA und Großbritanniens), aber Herr Johnson, diese Kritik darf uns nicht blind auf dem anderen Auge machen.

  • FI
    Franz-Dominik Imhof

    Das Problem liegt an den internationalen Verträgen zur Polizeikooperation, sicher nicht bei der Frankfurter Polizei.

     

    Ihre implizite Aufforderung, die Strafverfolgungsbehörden hätte aus politischen Erwägungen die Verhaftung sein lassen sollen, kann doch nicht ernst gemeint sein.

    Ein Gericht hat die Verhaftung beschlossen, ein durch das Parlament ratifizierter Vertrag hat dazu geführt, dass die Frankfurter Polizei diesem (französischen Gericht) aufgrund eines europäischen Haftbefehls folge leisten muss.

    Man kann doch nicht dazu auffordern, Gerichtsentscheiden nicht mehr folge zu leisten, ohne die Konsequenzen zu bedenken und zu diskutieren.

     

    Ob der Haftbefehl rechtens war, wird Gegenstand der Verhandlung sein müssen, dass der französische Untersuchungsrichter sein Amt missbraucht hat ist wahrscheinlich, aber die Entscheidung darüber kann doch nicht eine Frankfurter Staatsanwaltschaft ohne Prozess fällen. Damit wäre allgemein akzeptiert, das Haftbefehle nur gelten, falls die Verfolgungsbehörden die auch cool und geschickt finden.

     

    Kritisieren muss man den Haftbefehl, vielleicht auch das Konstrukt des europäischen Haftbefehls, die die Frankfurter Behörden zwingt, die angeordnete Verhaftung vorzunehmen. Aber es ist doch sehr gefährlich, zu kritisieren, dass Strafverfolgungsbehörden aus politischen Erwägungen Haftbefehlen keine Folge leisten sollen. Da schlägt man auf den Sack wenn man den Esel meint und säbelt auch gleich noch an den Grundprinzipien des Rechtsstaats, nämlich der Gewaltentrennung.

    Sollen denn in Zukunft

  • SK
    Serge Kamuhinda

    Ja,wenn man die sog. Ordonnance Brugière liest, auf dessen Grundlage Frau Kabuye verhaftet worden ist, kann man sich nur wundern: Schon auf der neunten Zeile ist der erste Zeuge Oberst Bagosora (der im Internationalen Gerichtshof für Rwanda als Architekt des Völkermords angeklagt wird, dann sind noch Fehlern in der zeitlichen Reihenfolge, geographische Fehlern;grobe Missachtung des Strafprozessrechts usw. Dass Deutschland nun den FDRL (Milizen in Congo verantwortlich für Völkermor in Rwanda) Chef eine Zuflucht bietet, zuwider UN-Sicherheitsratsbeschlüsse, und dafür eine Frau verhaftet die nachweislich am Wiedraufbau Ruandas (Deutschland war dabei ein wichtiger Partner) eine entscheidende Rolle gespielt hat, und dass aufgrund politischer Niedrigkeiten einzelener französischer Politikern, stellt Deutschlands aussenpolitische Identität in Frange: Wie soll Deutschland denn glaubhaft für einen ständigen Sitz im UN Sicherheitsrat werben als geläuterte Mittelmacht, wenn es sich mit solch offensichtlichen Niedrigkeiten der umstrittenen französischen Afrikapolitik einlässt?